Lieber Börsianer,
das war schon ein echter Schocker: Der Lebensmittel-Gigant Kraft Heinz hat im vergangenen Jahr auf ganzer Linie versagt. Operativ stagnierte das US-Unternehmen. Es zeichnet sich ab, dass wichtige Marken der Kraft Heinz Company, wie etwa Heinz-Ketchup, der Philadelphia-Käse oder auch das Erfrischungsgetränk Capri-Sonne, beim Verbraucher nicht mehr so gefragt sind wie in der Vergangenheit.
Deshalb muss der Markensammler nun für das Geschäftsjahr 2018 Abschreibungen in Höhe von 16 Milliarden US-Dollar vornehmen. Folglich weist das Unternehmen nun einen satten Verlust von über 10 Milliarden US-Dollar aus. Zum Vergleich: 2017 fuhr man noch einen Gewinn in Höhe von 11 Milliarden US-Dollar ein.
Zum allem Überfluss wird Kraft Heinz nun auch noch die Quartalsdividende um ein Drittel kürzen. Nicht ganz überraschend raste die Aktie nach diesen Nachrichten in den Keller und verlor zeitweise 26 % ihres Vortageswertes. Allein der Hauptaktionär des US-Unternehmens, Berkshire Hathaway, verlor durch den Kurssturz rund 4 Milliarden US-Dollar. Wir sprechen hier also nicht von Peanuts.
Sind die Probleme hausgemacht oder befinden wir uns in einer Branchenkrise?
Nach diesem veritablen Erdbeben fragt sich der aufgeklärte Börsianer natürlich: Sind die Probleme isolierter Natur oder sehen wir eine große Branchenkrise aufkommen? Zu Deutsch: Werden jetzt nächstens die Aktien der Branchengrößen wie Nestlé, Unilever oder General Mills ebenfalls geschlachtet?
Meine Antwort fällt differenziert aus: Tatsache ist z.B., dass Kraft Heinz in den vergangenen Jahren den Werbeetat für die eigenen Marken massiv gekürzt hat. Zuletzt wendete man nur noch 400 Millionen US-Dollar für die Markenpflege auf. Diese Entscheidung war offensichtlich nicht sehr clever.
Auf der anderen Seite ist es unbestreitbar, dass die Wachstumsraten in der Lebensmittel- und Getränkebranche bereits seit einigen Jahren stagnieren. Das beweisen unter anderem auch die jüngsten Zahlen von Coca-Cola.
Die Branche kämpft mit einem veränderten Konsumentenverhalten. Die Zeiten sind vorbei, wo sich starke Marken einfach bestens zwischen Alaska und Neuseeland verkauften. Stattdessen setzt der Verbraucher immer mehr auf Regionalität, Frische oder Bio-Produktion. Generell gilt: Das globale Fertigprodukt ist nicht mehr automatisch ein Verkaufsrenner.
Müssen Sie also jetzt Titel wie Nestlé oder Unilever aus Ihrem Depot aussortieren?
Bleiben wir sachlich! Selbstverständlich unterliegt auch die Lebensmittel-Branche gewissen Trends. Nicht immer gelingt es den Marktführern, diese Trends rechtzeitig zu antizipieren. So ist nun einmal Marktwirtschaft.
Gleichwohl haben die Global Player der Branche diese neuen Trends inzwischen verstanden und stellen ihre Markenwelt entsprechend um. So baut Nestlé derzeit die eigene Bio-Linie konsequent aus. Auch Coca-Cola verbreitert die Palette und will nicht mehr nur als Hersteller einer mehr oder weniger überzuckerten Brause gelten.
So ein Imagewandel braucht allerdings Zeit. Deshalb interessieren mich Aktien wie Kraft Heinz, Unilever oder Nestlé erst einmal weniger. Freilich werde ich meine Nestlé-Positionen jetzt sicherlich nicht räumen. Ich gebe dem Markensammler aus der Schweiz einfach die Zeit, die das Unternehmen jetzt eben benötigt.