Lieber Börsianer, 

es kam nicht aus heiterem Himmel. Bereits zuvor hat es im Facebook-Imperium des Mark Zuckerberg schwer rumort. Der Datenskandal, schwaches Wachstum in den westlichen Kernmärkten etc. hatten nicht nur den Kurs der Aktie, sondern auch die Stimmung im Top-Management belastet.  

Und jetzt kehrt Zuckerberg mit schwerem Besen durch. So wurde unter anderem Chris Cox geschasst. Die Personalie verdeutlicht, die Gräben im Unternehmen waren zuletzt tief. Immerhin ist Mr. Cox ein Facebook-Programmierer der ersten Stunde und galt bisher als Intimus des Firmengründers Zuckerberg.  

Daneben verlässt Chris Daniels, der bisher die Plattform WhatsApp operativ verantwortet hatte, das Unternehmen. Die Investoren sind natürlich verunsichert. Folglich verlor die Aktie in den vergangenen Tagen fast 7 % ihres ursprünglichen Wertes, und das, obwohl der Gesamtmarkt eigentlich positiv war.  

Was sind die Hintergründe der Unruhe bei Facebook? Mark Zuckerberg ist sehr unzufrieden. Man hat die Plattformen WhatsApp und Instagram für teures Geld übernommen. Vor allem bei jungen Nutzern sind diese Plattformen auch sehr populär. Allein, es kommt kein Geld zurück. Beide Plattformen sind immer noch defizitär. 98 % des Konzernumsatzes stammen unverändert von der Kernplattform Facebook. Hier braucht das Unternehmen also neue Impulse und eben neues Personal. 

Weg aus der Öffentlichkeit, zurück ins Wohnzimmer! 

Baustelle 2 im Facebook-Konzern ist eher strategischer Natur. Zuckerberg ist der Meinung, dass die ganz große Zeit der öffentlich geteilten Kommunikation vorüber ist. Die Nutzer wünschen wieder mehr Privatsphäre. Man möchte nicht mehr in der Facebook-Community seinen Geburtstag feiern und Glückwünsche von allerlei unbekannten Nutzern empfangen.  

Das Stichwort heißt jetzt: Weg aus der Öffentlichkeit, zurück ins Wohnzimmer! Deshalb setzt das Zuckerberg-Team wieder verstärkt auf private und verschlüsselte Kommunikation. Die neue Strategie wirft allerdings Fragen auf. Kostet die neue „Privatheit“ bei Facebook möglicherweise Reichweite? Anders formuliert: Erreicht das werbetreibende Unternehmen noch seine Kunden, wenn sich diese nicht mehr im öffentlich zugänglichen Facebook-Raum aufhalten? 

Und hier kommen wir zum Kern des Problems: Wie bekommt Zuckerberg die Werbung vom öffentlichen Raum ins private Wohnzimmer? Funktioniert das wirklich oder lässt der Strategieschwenk die Werbeeinnahmen einbrechen?  

Eine neue Strategie ist immer mit gewissen Unsicherheiten verbunden. Aber: Mark Zuckerberg ist nicht ein genialer Programmierer und Unternehmer, sondern vor allem ein profunder „Erkenner“ neuer Trends. In der Vergangenheit hat er immer wieder mit großer Sicherheit erkannt, wenn sich z.B. das Nutzerverhalten im Internet verändert hat. Das war immer eine besondere Stärke dieses Unternehmens. Man war flexibel und hat sich neuen Marktgegebenheiten rasch und vor allem erfolgreich angepasst. 

Ich bleibe bei Facebook für Sie am Ball. Im Börse am Mittag erfahren Sie als Erster, ob die neue Strategie anschlägt oder ob der allmähliche Abstieg des Internet-Giganten letztlich unvermeidbar ist.