Lieber Börsianer, 

die Stimmung in der Branche ist nicht gut. Dirk van de Put bringt es auf den Punkt: „Die Tage der großen Marken sind vorbei.“ Der Mann muss es wissen, schließlich kommandiert er den US-Markensammler Mondelez und ist verantwortlich für Marken wie Milka, Toblerone oder etwa Miracoli 

Es sind genau diese vormals starken Weltmarken, die heute im Lebensmittel-Einzelhandel zunehmend Regalflächen verlieren. Stattdessen punkten Mittelständler aus der Region. Die Eier oder das Speiseeis vom Bauernhof aus der Nachbarschaft, das sind mittlerweile die Produkte, die die Kunden und ergo auch der Einzelhandel sucht. Der Verbraucher wünscht offensichtlich das unverwechselbare Produkt, das in niedriger Stückzahl bzw. kleinem Volumen produziert wird.  

Aber nicht nur die Lebensmittel-Hersteller wie Mondelez oder Nestlé sind betroffen. Im Markt für Hauptpflegeprodukte haben inzwischen regionale und nationale Kleinmarken 40 % des Umsatzes erobert. Nivea (Beiersdorf) ist keineswegs automatisch mehr die erste Wahl des Verbrauchers.  

Erst vor wenigen Wochen alarmierte die Branche eine Studie der Agenturgruppe Havas. Im Extremfall verschwinden langfristig 77 % der vormals dominierenden Weltmarken wie eben Niveau, wie Maggi oder wie Milka.    

Was ist das Problem? Es sind vor allem jüngere Verbraucher (Millenials und Generation Z), die nicht mehr auf die Großmarken schwören. Stattdessen wünscht man mehr Auswahl und mehr Online natürlich. Generell ist der Wunsch des Konsumenten nach Unterscheidung ausgeprägt. Er wünscht die kleine und liebevoll gepflegte Marke. Der Verbraucher will das Gefühl haben, er hat das besondere und einzigartige Produkt im Markt für sich ganz persönlich entdeckt.  

Ganz typisch hier die Entwicklung im Getränkemarkt: Massenbiere wie Heineken, Paulaner oder Diebels sind „out“. Stattdessen trinkt man das handwerklich gebraute Craft-Bier. Dabei bezeichnen sich die Unternehmen nicht mehr als Bierbrauer, sondern als Bier-Manufaktur. Interessant in diesem Zusammenhang auch die Entstehung des neuen Berufsbildes des „Biersommeliers“, der in der Werbung das Getränk wie Wein „verkostet“ und den sanft zitronigen Abgang lobt.  

Klassische Werbung zieht nicht mehr 

Bezeichnend für die Branchenkrise ist zudem: Die Werbekonzepte der großen Markenmultis verpuffen. Vorbei sind die Zeiten, als Coca-Cola in den USA einen Werbespot abdrehte, um ihn anschließend weltweit im TV auszurollen.  

TV- oder klassische Printwerbung schlägt ohnehin immer weniger durch. Aber selbst Bannerwerbung auf viel besuchten Internetseiten verliert zunehmend an Wirkung. Stattdessen müssen die Werbefachleute kleinteilige Konzepte für Youtube oder Facebook entwickeln. Damit verlieren die großen Markensammler ihren Wettbewerbsvorteil. Denn der war eben eine Marke plus eine große Kampagne. Dieses Konzept stand jahrzehntelang für relativ niedrige Werbe- und Entwicklungskosten bei gleichzeitig maximalem und globalem Absatz.  

Ich behaupte, die Markensammler haben gegenwärtig kein Konzept, weder auf der Produkt- noch auf der Werbeseite. Zunächst wird man jetzt die Werbeetats wieder aufpumpen, um die schwächelnden Marken wieder zu Leben zu erwecken. Wozu führt dies? Zu steigenden Kosten und sinkenden Aktiennotierungen. Vergleichen Sie hierzu einmal den folgenden Chart des deutschen Markensammlers Henkel:  

 

Was werde ich jetzt tun? Es mag voreilig sein, die Großen jetzt gleich aus dem Depot zu entfernen. So werde ich zunächst an meiner Nestlé oder General Mills festhalten, solange diese Unternehmen noch eine brauchbare Dividende ausschütten. 

Kursgewinne hole ich mir allerdings woanders. Nämlich bei den kleinen und frischen Herausforderer-Unternehmen wie etwa Beyond Meat oder Canada Goose. Denn diese Player haben den Trend erkannt und reiten auf einer großen Erfolgswelle.