Lieber Börsianer, 

in dieser Woche kommt Butter bei die Fische. Die Unternehmen berichten nämlich aus dem zweiten Quartal. Den Auftakt machen die US-Banken Citigroup und JPMorgan Chase. Tech-Investoren erwarten mit besonderer Spannung das Zahlenwerk von Netflix. Bekanntlich werden noch in diesem Jahr Walt Disney und Apple ihre Video-Streaming-Angebote ausrollen. Die Netflix-Zahlen werden Auskunft geben, ob das Unternehmen tatsächlich für den erwartet harten Gigantenkampf im Streaming-Markt gerüstet ist.   

Was dürfen wir ansonsten erwarten? Die Markterwartungen sind nicht allzu hoch. Denn bereits zuvor hatten 88 der 500 S&P-500-Unternehmen ihre Prognosen für das zweite Quartal zurückgenommen. Erwartungsgemäß werden Unternehmen wie Western Digital, General Electric, Apple, Intel oder auch Facebook im Vergleich zum Vorjahr spürbare Gewinnrückgänge vermelden.  

Im Schnitt erwarten die Analysten einen Rückgang der Gewinne um 3 %. Mit anderen Worten: Die Investoren sind weitgehend vorbereitet und dürften nicht bei jeder schwachen Quartalszahl gleich in Panik verfallen.  

Diesen Effekt habe ich in der vergangenen Woche bereits bei Daimler beobachtet. Die Schwaben hat erneut eine Gewinnwarnung abgesetzt. Nun erwartet man für das abgelaufene Quartal einen satten Verlust von 1,6 Milliarden Euro nach zuvor 4,2 Milliarden Euro Gewinn. Diese Meldung war für die Aktie natürlich kein Kurstreiber. Aber einen neuen Tiefpunkt markiert die Auto-Aktie nicht mehr. Das zeigt, die Investoren sind bereits gestählt. 

Überrascht der Markt wieder positiv wie bereits im ersten Quartal? 

Pessimismus ist ja oft eine günstige Voraussetzung für stabile oder sogar weiter steigende Notierungen. So erwarteten die Analysten bereits für das erste Quartal durchschnittliche Gewinnrückgänge von 4 %. Tatsächlich schafften die S&P-500-Unternehmen im Schnitt dann eine rote Null und konnten das Gewinnniveau des Vorjahres weitgehend halten.  

Das Ergebnis: Seit Jahresbeginn legte der S&P 500 um 20 % zu. Dieser Effekt wird sich nun sicherlich nicht wiederholen. Schließlich sind 20 % Performance binnen eines halben Jahres für einen marktbreiten Leitindex wie den S&P 500 schon ziemlich viel Holz. Da können wir jetzt nicht einfach nochmals 20 % „drauflegen“.  

Trotzdem gilt: Es reicht im Kern, wenn die Unternehmen ungefähr das Vorjahresniveau halten. Das wird die Aktienmärkte weiter stützen.  

Unterdessen warten wir auf eine Senkung des Leitzinses in den USA. Hier vertrauen die Investoren fest darauf, dass es Ende Juli soweit sein wird. Die US-Notenbank sollte also liefern. Eine Verschiebung und gar Absage des Zinsschrittes wäre für den Markt nicht vorteilhaft.  

Lassen wir uns also überraschen und schauen wir, was uns der Markt in den nächsten Wochen so liefert. Mein Bauchgefühl sagt mir, dass man derzeit auf große Neuanschaffungen eher verzichten sollte. Vor dem Hintergrund des schwelenden Handelsstreites zwischen Peking und Washington sind die ganz großen positiven Überraschungen in der Berichtsaison wohl eher unwahrscheinlich.  

Sinnvoll freilich können gezielte und punktuelle Käufe sein. So steige ich im RENDITE TELEGRAMM in dieser Woche noch in eines der marktführenden chinesischen Internet-Unternehmen ein. Das Unternehmen hat sich den Heimatmarkt nahezu vollständig geholt und gibt Google in China keine Luft zum Atmen. Trotzdem ist die Aktie derzeit wirklich nicht teuer.