Lieber Börsianer, 

wir alle lieben unser Depot. Es wird fortlaufend gepflegt: Hier einmal einige Gewinnmitnahme, dafür an anderer Stelle einen Nachkauf usw. Wer bei der permanenten Pflege etwas Geschick an den Tag legt, steigert ohne Frage langfristig seine Performance. Das macht uns allen großen Spaß. 

Auf der anderen Seite schätzen wir allerdings auch Depotpositionen, die einmal gekauft quasi ewig halten. Hier checken wir gelegentlich einmal die Quartalszahlen und freuen uns ansonsten über regelmäßige und am besten noch steigende Dividenden 

Leider sind solche stabilen Dauerbrenner eher rar gesät. Selbst traditionsreiche Unternehmen, die teils jahrzehntelang lieferten, können mitunter schwer versagen. Die Liste dieser Enttäuschungen ist in der Tat lang. Hier finden Sie Unternehmen wie General Electric oder IBM. Aber auch der deutsche Kurszettel kennt selbst im Standardsegment einige böse Rohrkrepierer. Spontan fallen mir da die Versorger ein oder z.B. Bayer. Allen diesen Titel ist gemeinsam, dass sie lange wirklich gut funktionierten, um dann fast aus heiterem Himmel zu versagen.  

Kurzum: Die Suche nach dem perfekten Lifetime-Investment ist also durchaus anspruchsvoll. Welche Kriterien müssen solche Aktien erfüllen? 

Suchen Sie planvoll in reifen Märkten nach Burggraben-Unternehmen! 

Im Kern müssen solche Investments vor allem drei Kategorien erfüllen: 

  1. Diese Unternehmen agieren vorwiegend in eher reifen und gut prognostizierbaren Märkten. Optimalerweise sind sie nicht konjunktursensibel und bringen ihre Produkte auch unter widrigen Umständen an den Kunden.  
  1. Diese Unternehmen verfügen über eine nahezu unangreifbare Marktposition. Es ist auszuschließen, dass irgendein ein Herausforderer das Geschäftsmodell mit geringem Kapital- und Zeitaufwand angreifen kann. Börsianer bezeichnen solche quasi unangreifbaren Unternehmen auch als Burggraben-Unternehmen. Hilfreich sind in diesem Zusammenhang vor allem auch komplexe Produkte oder Dienstleistungen.  

Ein Beispiel: Einen Onlineversand für Socken zieht heute jeder Student binnen weniger Tage hoch. Die Errichtung einer neuen Internet-Plattform ist definitiv keine Hexerei mehr. Die Unternehmenssoftware der SAP SE hingegen kopieren Sie nicht so einfach. Da brauchen Sie einen großen Stab starker Programmierer, die allesamt pro Jahr mindestens 100.000 Euro brutto verdienen wollen.     

Meine Favoriten: Bleiben wir gleich bei SAP. Das Geschäftsmodell des Unternehmens ist diversifiziert und komplex. Die Kundenbasis ist stabil und anspruchsvoll. Ein Eindringen in diesen Markt ist zumindest kurzfristig für Newcomer-Unternehmen nicht zu bewerkstelligen. SAP dürfte also für uns ein geeignetes Dauerinvestment sein. Richtig ist dabei, dass SAP durchaus im Neugeschäft konjunkturanfällig ist. Denn natürlich schaffen Unternehmen in der Rezession keine neue Software an. Aber SAP profitiert daneben auch vom Bestands- oder Servicegeschäft. Hier gilt: Auch in der Krise muss mein Bestellwesen funktionieren und ergo fortlaufend gewartet werden.  

Favorit 2: Auf den ersten Blick ist der Burggraben der US-Schnellrestaurant-Kette McDonald´s gar nicht so offensichtlich. Burger braten und Pommes frittieren ist keine Hochtechnologie. Das ist aber nur eine Seite der Medaille. Tatsächlich ist das US-Unternehmen einer der größeren Immobilien-Besitzer dieser Welt und lebt von der Verpachtung seiner eigenen Objekte an die Franchisenehmer. Allein der globale Immobilienbestand, der sich mehrheitlich auch noch in guten innerstädtischen Lagen befindet, dürfte rund 40 Milliarden US-Dollar wert sein. Hier gilt ein Witz unter Profis: McDonald´s hat den Burger nur erfunden, damit die Franchisenehmer immer die Mieten bezahlen können.  

Um eine vergleichbare Substanz aufzubauen brauchen Sie als Unternehmer Jahrzehnte. Es mag schon sein, dass der Big Mac nicht in jeder gastronomischen Modephase neue Rekordabsätze schafft. Langfristig freilich ist das Unternehmen unantastbar. 

Favorit 3: Für den US-Einzelhändler Walmart gilt: Gegessen und getrunken wird immer. Es ist die schiere Größe, der diesen Weltkonzern letztlich unverletzlich macht. Der Einzelhändler beschäftigt weltweit 2,3 Millionen Menschen und erzielte einen Umsatz von einer halben Billionen US-Dollar. Zum Vergleich: Amazon erreichte zuletzt einen Umsatz von rund 230 Milliarden US-Dollar.  

Natürlich hat es in der Vergangenheit immer wieder Versuche gegeben, von dem Walmart-Marktanteil abzubeißen. Letztlich haben sich Herausforderer wie Aldi oder Whole Foods an der Festung Walmart aber immer die Zähne ausgebissen. Stattdessen meldete Walmart zuletzt den 18. Quartalszuwachs in Folge. Kein Konkurrent hielt mit.   

Zum Abschluss: Lebenslang-Aktien sind kurzfristig natürlich nicht unbedingt die großen Kursraketen. Aber für die schnelle Extra-Rendite haben wir ja andere Positionen, die wir, wie ich eingangs bereits erwähnte, laufend pflegen und beobachten. Die Lebenslang-Aktien haben wir für unsere nächtliche Ruhe und unseren Komfort. Denn diese Dinge braucht auch der wildeste Börsianer.