Lieber Börsianer,

merken Sie sich den Montag vor! An diesem Tag lesen Sie nämlich künftig immer meinen kompakten Kommentar und Bericht zur vergangenen Börsenwoche. In drei Minuten sind Sie umfassend informiert und wissen, was die Märkte zuletzt wirklich bewegt hat. Für den ambitionierten Börsianer ist das fast schon eine Pflichtlektüre.  

Von einer Trendwende am Aktienmarkt kann kurzfristig noch keine Rede sein. Der DAX verlor nun auf Wochensicht zum dritten Mal in Folge. So weich tendierte der deutsche Leitindex seit fast einem Jahr nicht mehr. Die Belastungsfaktoren sind bekannt: Unverändert warten wir auf eine Entspannung, auf ein Tauwetter im Handelskrieg zwischen Washington und Peking. Zudem rückt der Tag der Entscheidung für Großbritannien näher. Was sind die wahrscheinlichen Szenarien? 

Entweder Großbritannien verlässt am 31. Oktober unter dem aktuellen Premier Boris Johnson die EU. Derzeit deuten alles darauf hin, dass wir einen unverhandelten, also harten Brexit zu steuern. Immerhin Ende August trifft Boris Johnson im Rahmen des G7-Gipfels im französischen Biarritz nochmals auf die wichtigsten europäischen Staats- und Regierungschefs. Gegenwärtig gehen die Beobachter davon aus, dass der Brite diese Veranstaltung allerdings nur dafür nutzen wird, um den harten Ausstieg seines Landes aus der EU zu verkünden.     

Oder: Das britische Unterhaus wird Brexit-Boris noch vor dem 31. Oktober stürzen. Schließlich stützt sich Johnson im Parlament nur auf eine hauchdünne 1-Stimmen-Mehrheit. Anschließend würde dann eine Übergangsregierung den Brexit-Termin nochmals verschieben und wahrscheinlich Neuwahlen ansetzen. Im politischen London ist es in jedem Fall derzeit sehr spannend.  

Konjunkturindikatoren signalisieren Rezession   

Unterdessen verdichten sich die Anzeichen, dass sich die gegenwärtige Schwäche der Weltkonjunktur zu einer mehrmonatigen Rezession auswächst. So zeigten die Indikatoren in dieser Woche, dass die Wirtschaft in Deutschland nicht mehr wächst. Im Gegenteil: Im vergangenen Quartal schrumpfte die Wirtschaftsleistung um 0,1 %.  

Ähnlich schlechte Nachrichten erreichten uns in der vergangenen Woche aus China. Zwar soll dort die Volkswirtschaft noch wachsen, wenn man den offiziellen Statistiken aus Peking traut, allerdings so schwach wie seit 27 Jahren nicht mehr. Also gemessen an westlichen Maßstäben befindet sich China wohl zumindest in einer Stagnation.  

Läuten die Totenglocken für SGL Carbon?

Daneben belasteten wieder einmal Einzelschicksale den Markt. Den Vogel schoss dabei wohl SGL Carbon ab. Die Unternehmensführung präsentierte Halbjahreszahlen und kassierte bei dieser Gelegenheit die Geschäftsziele für das laufende Jahr. Befremdlich dabei war, dass das Unternehmen die Prognosen exakt eine Woche zuvor erst bestätigt hatte. Was sich in dieser einen Woche wohl geändert haben mag?   

Für diese stümperhafte Kommunikation muss nun der Vorstandsvorsitzende Jürgen Köhler den Kopf hinhalten. Er wird das Unternehmen mit Wirkung zum 31. August verlassen.  

In der Folge ging die Aktie in den freien Fall über und verlor binnen weniger Sekunden 35 % ihres ursprünglichen Wertes. Auf Xetra kostete die SGL-Aktie zum Börsenschluss 3,65 Euro. Vor einigen Jahren war die Aktie des Spezialisten für Kohlefaser noch zehnmal so wertvoll. Hier sehen Sie im Langfristchart das ganze Debakel! 

 

Was tun Sie jetzt als betroffener Aktionär? Ich war in der Aktie vor einigen Jahren selbst investiert und habe die Aktie nach dem Verkauf nicht mehr beobachtet. Soviel kann ich aber schon sagen: Vergessen Sie das Material Kohlefaser! Erst lief das billige Aluminium dem vermeintlichen Wunder-Material Kohlefaser den Rang beim automobilen Leichtbau ab. Jetzt setzt man in der Autobranche auf neue ultra-leichte Performance-Kunststoffe, wie sie etwa 3M oder Covestro entwickeln. Wir haben damals Kohlefaser in seiner Bedeutung für die Industrie letztlich überschätzt.