Lieber Börsianer, 

es ist alles vorbereitet für den weltweit größten Börsengang im laufenden Jahr. In der vergangenen Woche meldete der Online-Einzelhändler Alibaba erneut beste Quartalszahlen. Man steigerte den um Einmaleffekte bereinigten Gewinn um 56 %, während der Umsatz um 42 % zulegte. Auch meine Kollegen sind erfreut und reichen mittlerweile Kursziele von bis zu 240 US-Dollar für Alibaba aus. Zuletzt kostete eine Aktie in New York rund 175 US-Dollar.  

Unternehmen nutzen solchen Rückenwind gerne, um nochmals Kapital am Markt aufzunehmen. Und die Anleger im Reich der Mitte stehen jetzt schon quasi Schlange, um im Rahmen des bevorstehenden Börsengangs einige (neue) Anteile des E-Commerce-Unternehmens zu ergattern.  

Die Hintergründe: Viele chinesische Technologie-Unternehmen wie eben Alibaba, Tencent oder etwa Baidu sind an der New Yorker Börse notiert. Das bedeutet in der Praxis: Chinesische Privatanleger haben auf das Beste ihrer Volkwirtschaft überhaupt keinen Zugriff, da sie Aktien nur an chinesischen Börsenplätzen erwerben können.  

Stellen Sie sich diese Situation ganz plastisch vor: Amerikaner bestellen pausenlos bei Amazon, finden die Dienstleistung des Unternehmens großartig und wissen auch, dass das Unternehmen börsennotiert ist, und dessen Aktien geht pausenlos durch die Decke. Und Sie als US-Anleger dürfen jahrelang nicht kaufen, sondern nur bewundernd zuschauen. Da baut sich bei jedem Anleger große Kauflust auf.  

Alibaba plant Milliarden-Börsengang in Hong Kong   

Nun die Fakten: Alibaba plant in sehr absehbare Zeit, ein sog. Zweitlisting am Börsenplatz Hong Kong. Im Rahmen dieser Maßnahme wird das Internet-Unternehmen neue Aktien im Wert von rund 15 Milliarden US-Dollar begeben (Kapitalerhöhung). In der Praxis führt eine solche Maßnahme zunächst immer zu einem spürbaren Kursrückgang der Aktie. Warum ist das so? 

Eine Kapitalerhöhung verwässert den Gewinn pro Aktie. Schließlich verteilt sich der bisher erwirtschaftete Gewinn auf mehr Aktien als zuvor. Rein rechnerisch wird die Alibaba-Aktie am Tag des Börsengangs also zwischen 3 und 5 % – je nach Verkaufsvolumen – abwerten. 

Daneben wird das Unternehmen die neuen Aktien natürlich mit einem gewissen Rabatt auf den letzten Kurs anbieten. Denn ansonsten würden die Investoren die alten bereits notierten Aktien bevorzugen. Zu Deutsch: Durch einen Preisabschlag macht man den Börsengang für die Investoren erst richtig attraktiv. Diese beiden Effekte werden in der Praxis dazu führen, dass die Alibaba-Aktie bereits im Vorfeld des Börsengangs unter Verkaufsdruck geraten wird. Ich beziffere diesen Effekt auf mindestens 10 %.  

Sie erkennen bereits, worauf ich hinauswill. Diese Konstellation bietet uns kurzfristig gute Chancen auf schnelle Prozente. Wie gehen Sie nun vor, um von dem Börsengang indirekt maximal zu profitieren? 

Sie besitzen die Aktie derzeit noch nicht. Dann kaufen Sie, sobald der Börsengang abgeschlossen ist auf ermäßigten Kursniveau. Und jetzt kommen unsere chinesischen Kollegen ins Spiel, also die Millionen von Kleinanlegern aus China, die nun diese Aktie erstmals in ihrem Leben erwerben. Ich hatte es schon angedeutet, wie hungrig diese Anleger sind. Sie werden der Aktie ein helles Kursfeuerwerk bescheren.   

Sie besitzen die Alibaba-Aktie bereits. Dann rate ich Ihnen, den Titel in den kommenden Tagen zu veräußern, um ihn dann nach dem Börsengang sofort zurückzukaufen. Dadurch ersparen Sie sich den zwischenzeitlichen Kursrückgang und profitieren stattdessen von der anschließenden Kursrally. 

Das Problem: Die Proteste in Hong Kong  

Die Stadt Hong Kong ist in Aufruhr. Bereits seit 10 Wochen protestieren – teils auch gewaltsam – vor allem jüngere Chinesen in der Stadt gegen die politische Führung in Peking. Allein am vergangenen Wochenende sind wohl erneut deutlich über 1 Millionen Menschen auf die Straßen gezogen.  

Alibaba möchte selbstredend nicht mit diesen Ereignissen in Verbindung gebracht werden. Solche denkbaren Schlagzeilen will niemand lesen: Militär knüppelt tausende von Demonstranten nieder – Alibaba feiert rauschenden Börsengang.  

In diesem Umfeld wird der Alibaba-Börsengang sicherlich nicht stattfinden. Wir müssen uns also noch etwas gedulden, bevor wir diese Transaktion starten. Ich halte Sie an dieser Stelle immer auf dem Laufenden. Diesen Fischzug mit quasi eingebauter Gewinngarantie dürfen Sie sich nicht entgehen lassen.