Lieber Börsianer,

es kommt zunächst ganz harmlos daher, nämlich als „technische Rezession“, wie es die Bundesregierung jüngst ausdrückte. Andere erkennen im Hintergrund mehr, nämlich eine epochale Umwälzung der bestehenden Welt- und Wirtschaftsordnung.  

So schrieb zuletzt der ehemalige deutsche Außenminister Joschka Fischer im Handelsblatt: 

Die globale Ordnung ist dabei, sich fundamental zu verändern. Das globale Zentrum hat sich … nach Ostasien verschoben. China befindet sich an der politischen, wirtschaftlichen und technologischen Schwelle zur Weltmacht.“ 

Was spielt sich derzeit unter der Oberfläche ab? China und die USA prallen in einer Intensität aufeinander, wie wir es bisher noch nicht gesehen haben. Dabei geht es nur ganz am Rande um typisch geopolitische Fragestellungen wie Taiwan, Nordkorea oder die freie Durchfahrt durchs Südchinesische Meer.

In Wahrheit werden wir in den kommenden Jahren einen großen Kampf um die technologische Vorherrschaft auf diesem Planeten erleben. In den letzten Jahren hat China bereits eine Internet-Branche – siehe Baidu, Tencent, Alibaba usw. – aufgebaut, die den Vergleich mit den US-Riesen nicht mehr scheuen muss. Daneben verfügt das Reich der Mitte mit dem Staatskonzern Huawei über einen führenden Mobilfunk-Entwickler und Infrastrukturausstatter, der 5G genauso beherrscht wie etwa Apple, Alphabet oder Qualcomm. Auch der E-Mobilität sind die Chinesen mittlerweile fast auf Augenhöhe. Gemessen an der Anzahl der produzierten und verkauften E-Fahrzeuge sind die Chinesen den USA bereits voraus.  

Wo bleibt Europa?  

Unterdessen ist Europa ohne Plan und wird zwischen den Supermächten zerquetscht. Wir zerlegen uns selbst und ergehen uns in kleinlichen Streitereien um den Brexit. Zahlreiche EU-Länder wie Italien, Spanien, Österreich und Deutschland sind politisch instabil. Entweder sind dort die Regierungen nur geschäftsführend im Amt (Italien und Österreich) oder sind angeschlagen (Deutschland und Spanien). Und das genau in einer Zeit, in der wir starke Führung benötigen.  

Mit anderen Worten: Europa wird im Streit der Supermächte kein Faktor sein und technologisch weiter ins Hintertreffen geraten.  

Zurück zu den USA: Die Trump-Administration geht auf Konfrontationskurs. Wichtigstes Ziel der USA: Man will den Technologietransfer nach China unterbrechen. Deshalb wurde Huawei blockiert und soll vom wichtigen Android-Standard abgeschnitten werden. Daneben dreht man an vielen kleinen Schrauben. So soll künftig die Anzahl der Visa für chinesische Studenten in den USA begrenzt werden.  

Hier eine Hintergrund-Info: Derzeit studieren 3,5 Millionen Chinesen an US-Universitäten. Sie erwerben dort Know-How und lernen die Spitzentechnologie der USA kennen. Trump hat entschieden, dass diese technologische „Entwicklungshilfe“ nicht im Sinne der USA ist.  

Und China schlägt machtvoll zurück und greift den wichtigen US-Agrarsektor mit Sanktionen und Sonderzöllen an. Gleichzeitig erwägt man, die USA von den Seltenen Erden abzuschneiden.  

Keine Frage: Die Welt ist in Aufruhr. Es entsteht in dieser Umbruchphase eine völlig neue Weltordnung. Noch ist völlig offen, wer am Ende triumphieren wird. Richten wir uns künftig nach chinesischen Internet- oder Industriestandards oder werden die USA ihre bisher führende Position sogar weiter ausbauen.  

Lesen Sie hierzu bitte auch meinen dreiteiligen Kurzreport! Der wird Ihnen die Augen öffnen, nicht nur für die Risiken, sondern vor allem für die Chancen des Umbruchs. Denn es gilt eine Regel: Umbrüche sind schmerzhaft und nie erwünscht. Aber sie bieten für den aufmerksamen Börsianer immer ganz enorme Chancen, denn die Börse braucht Bewegung und Veränderung.