Lieber Börsianer, 

heute Morgen war ich schon ganz fleißig und habe die Aktie des US-Versicherers Aflac ohne Limit in New York bestellt. Insgesamt werde ich für diesen Kauf exakt 0,61 % gemäß der Kosteninformation der Deutschen Bank (Maxblue) bezahlen. Daneben habe ich eine limitierte Verkaufsorder für die Aktie des britischen Netzbetreibers National Grid an den Börsenplatz London gegeben. Das wird mich bei Ausführung exakt 0,7 % vom Transaktionsvolumen kosten.  

Vielleicht fragen Sie sich jetzt: Ist der Mann noch ganz bei Trost? Schließlich handeln wir an deutschen Börsenplätzen deutlich kostengünstiger als im Ausland. Und in der Tat hätte ich beide Aktien etwa über Tradegate für rund 0,3 % kaufen bzw. verkaufen können.  

Deshalb scheuen viele Privatanleger die Auslandsorder wie der Teufel das Weihwasser. Die Auslandsorder gilt allgemeinhin als vergleichsweise teuer. Auch die zuvor aufgeführten Zahlen scheinen diesen Eindruck zu bestätigen, oder? 

Ich nehme es gleich vorweg: Der erste Eindruck trügt. Denn der Kostenausweis Ihrer Bank unterschlägt den sogenannten Spread, also den Aufschlag oder Mehrpreis, den Sie gerechnet auf den Geldkurs der Aktie bezahlen.  

Beispiel Aflac: Die Aktie kostete, als ich diese Zeilen schrieb, auf Tradegate exakt 46,005 Euro. Tatsächlich muss der Käufer allerdings 46,455 Euro (Briefkurs) bezahlen. Das entspricht also einem satten Aufschlag von 0,97 %. In New York werde ich heute Nachmittag allerdings nur einen minimalen Spread von maximal 0,02 % bezahlen. Der Spread an der Heimatbörse fällt also nicht wirklich ins Gewicht.  

Das gleiche Bild bei National Grid: Auf Tradegate berappe ich aktuell einen satten Spread von 1,08 %, in London liegt der Spread aktuell hingegen lediglich bei 0,02 % 

Sie verstehen bereits, worauf ich hinauswill. Tatsächlich bezahle ich in Deutschland inclusive Spread für die Aflac-Transaktion über 1,2 % des Transaktionsvolumens, in den USA – trotz der höheren Bankspesenberappe ich lediglich 0,61 %. Hier ist also tatsächlich die Inlandsorder doppelt so teuer wie die vergleichbare Auslandsorder.   

Achten Sie immer auf das Handelsvolumen! 

Also kaufen Sie künftig Apple, Amazon oder Coca-Cola nicht mehr an einem deutschen Börsenplatz, sondern besser in New York, oder? Hier müssen wir differenzieren. Auslandsaktien, die hierzulande bekannt und beliebt sind, werden in der Praxis in Deutschland mit einem starken Volumen gehandelt. Deshalb ist der Spread vergleichsweise gering. So weist die Apple-Aktie derzeit nur einen kleinen Spread von 0,14 % auf. In diesem Fall ist folglich die Inlandsorder für Sie günstiger.  

Setzen Sie hingegen auf Auslandsaktien, die hierzulande eher unbekannt sind, sollten Sie sich diese Titel eher an der Heimatbörse besorgen. Wie von mir eingangs nachgewiesen, kommen Sie hier spesenseitig in der Regel deutlich besser weg als mit einer Inlandsorder.  

Hier gilt eine einfache Regel: Je stärker das Handelsvolumen einer Aktie, desto geringer der Spread. Umgekehrt gilt: Schwach gehandelte Aktien weisen immer einen höheren Spread auf und sollten daher bevorzugt an ihrer Heimatbörse erworben bzw. verkauft werden.  

Noch ein Profi-Tipp für Sie: Tatsächlich ist der reibungslose Handel von Auslandsaktien in Deutschland nicht immer gewährleistet. So können Sie derzeit z.B. die Aktie von Standard Lithium hierzulande kaum noch für einen halbwegs fairen Preis verkaufen. Der Titel wurde in der Vergangenheit von einigen spekulativen Börsenbriefen massiv gehypt. Zuletzt schwand allerdings die Begeisterung für den Lithium-Explorer und der Handel trocknete hierzulande weitgehend aus. Und da, wo kein Käufer ist, werden Sie auch nichts verkaufen. 

Noch ein Beispiel: Bekanntlich können wir derzeit an deutschen Börsenplätzen keine Schweizer Aktien mehr handeln. Lediglich im Direkthandel kommen Sie zu Ihren Stücken. Aber Achtung: Diese Sondersituation hat die Spreads im Direkthandel stark getrieben. So bezahlen Sie hier derzeit selbst für Schweizer Standardtitel mindestens 0,5 % (Spread) mehr als am Börsenplatz Zürich.  

Fazit: Im Prinzip bevorzugen Profi-Anleger immer den Kauf an der Heimatbörse. Nur wenn die Inlandsorder einen klaren Preisvorteil bietet, kauft der Profi eine Auslandsaktie an einem deutschen Börsenplatz. Den echten Preis einer Order erkennen Sie immer erst dann, wenn Sie zu den ausgewiesenen Bankspesen den Spread des jeweiligen Börsenplatzes addieren.