Lieber Börsianer, 

dichte Rauchschwaden standen am 14. September über den saudischen Ölzentren von Abqaiq und Khurais. Die Rauchentwicklung wurde sogar aus dem Weltall von Satelliten „gesehen“. Mehrere Drohnen und andere unbemannte Flugkörper sind in die Anlagen eingeschlagen und haben kurzfristig rund 50 % der saudischen Ölförderung vom Netz genommen. Weltweit sind an diesem Tag fast 6 % der Ölförderung ausgefallen. In der Folge raste der Ölpreis nach oben und verteuerte sich zeitweise um 14 %, und das praktisch binnen weniger Minuten. Das nennt man einen Preisschock 

In der Golf-Region stehen wir am Rande eines neuen Krieges. Noch halten sich sowohl Saudi-Arabien als auch deren Verbündeter, die USA zurück. Einen zweiten derartigen Angriff wird man allerdings wohl nicht hinnehmen, sondern entsprechend militärisch antworten. In diesem Fall wird der Ölpreis nochmals explodieren. 

Und nun droht uns weiteres Ungemach auf dem Energiemarkt. Die Schreibe ist von Russland und der Ukraine. Hier meine InsideInfos: Wie Ihnen vielleicht bekannt ist, bezieht Europa rund 6 % seines Erdgases aus Russland. Dieses Gas wird teilweise über das Territorium der Ukraine gepumpt. Dafür erhält das osteuropäische Land jährlich rund 3 Milliarden US-Dollar aus dem Kreml. Der Gastransport erfolgt auf Basis eines Transitabkommens aus dem Jahr 2009.  

Und jetzt wird es richtig heiß: Dieses Abkommen läuft pünktlich um Mitternacht am 31. Dezember 2019 aus. In dieser Woche sollen nun die ersten Verhandlungen unter Beteiligung der Vertragsparteien und der EU als Schlichter stattfinden. Schon jetzt steht fest: Das wird ein zäher Vertragspoker. Russland bietet zunächst eine einjährige Verlängerung des Transitabkommens an. Die Ukraine pocht allerdings auf 10 Jahre Laufzeit. Der Zusammenhang ist klar: Im kommenden Jahr wird die Ostseepipeline Nord Stream 2 fertiggestellt. Diese neue Doppelleitung entwertet das ukrainische Pipelinesystem und schwächt die Position Kiews dauerhaft. Für Kiew gilt also. Jetzt oder nie.   

Gleichzeitig haben verschiedene ukrainische Energieunternehmen den Kreml vor internationalen Gerichten verklagt. Man fordert Entschädigung in Höhe von 6 Milliarden US-Dollar für die verlorene Energieinfrastruktur der Krim, die nun russische Unternehmen nutzen. Der Kreml will unter diesen Bedingungen eigentlich gar nicht verhandeln.  

Wer dreht uns den Gashahn ab?  

Zur Erinnerung: Bereits 2009 stoppte Russland für zwei Wochen die Gaslieferungen in die Ukraine. Die Maßnahme verpuffte allerdings, da die Ukraine einfach das für West-Europa bestimmte Transitgas für den eigenen Verbrauch abzapfte. Am Ende waren die Europäer die Dummen, weil hier jeden Tag weniger Gas aus Russland ankam. Möglicherweise wird diesmal allerdings die Ukraine den Transit stoppen, um Russland zu Zugeständnissen im Donbass zu zwingen. Hier gilt: Das Transitsystem der Ukraine ist auf den Schlachtfeldern des Donbass mehr wert als 100 Panzer. Nur hier kann Kiew den Kreml treffen.   

Im Hintergrund spielt auch Donald Trump mit. Der möchte bekanntlich das US-Flüssiggas in den europäischen Markt drücken. Nichts käme ihm gelegener, als wenn die Ukraine den Gashahn zudreht, um Russland als säumigen Lieferanten dastehen zu lassen.  

In der EU bereitet man sich jetzt schon auf den zweiten Gaskrieg zwischen Russland und der Ukraine vor und füllt die strategischen Gasreserven auf. Wir werden im nächsten Winter also nicht frieren müssen. Dennoch dürfen wir uns auf massive Preisanstiege beim Gas vorbereiten. Denn diese Fakten haben die meisten Investoren noch überhaupt nicht auf dem Radar. Dieses Szenario ist noch überhaupt nicht eingepreist. Möglich, dass es den Markt ähnlich unvorbereitet trifft wie die Ereignisse in Saudi-Arabien.  

Haben Sie Lust auf eine kleine „Zockerei“? Dann schauen Sie sich doch einmal dieses Commerzbank-Zertifikat auf den Gas-Terminpreis (WKN: CJ3D5Z) an. Oder möchten Sie sich eher gegen den Schock des nächsten Golf-Kriegs absichern? Dann setzen Sie auf dieses Faktor-Zertifikat der HSBC (TD99B2). Hier profitieren Sie zweifach gehebelt von jedem Preisanstieg des Brent-Öls am Terminmarkt.  

Wer sich lieber am Aktienmarkt auf den nächsten Preisschock vorbereiten möchte, setzt auf einen großen Öl- und Gasförderer wie Royal Dutch. Der britisch-niederländische Ölmulti hat ein feines Förderportfolio – z.B. im Golf von Mexiko, Nigeria oder Malaysia – und ist von den aktuellen geopolitischen Entwicklungen kaum betroffen. Einzig das Projekt Qatargas 4 im Persischen Golf könnte für Royal Dutch einmal ungemütlich werden. Hinweis auf Interessenkonflikt: Ich bin derzeit persönlich oder für Dritte in den Aktien der Royal Dutch investiert.