Lieber Börsianer,

durch den deutschen Mittelstand rollt gegenwärtig eine neue Übernahmewelle. Jüngst scheiterte zwar der Versuch der österreichischen AMS, den Lichttechniker Osram zu schlucken. Nur rund jede zweite Osram-Aktie aus dem Streubesitz wurde angedient. Trotzdem: Die Österreicher haben sich bei Osram festgebissen und sind dort nun mit Abstand wichtigster Großaktionär. Ich erwarte also, dass AMS beim deutschen Lichttechniker nochmals angreifen wird. Da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.   

Unterdessen lancierte der spanische Mischkonzern Acciona ein Übernahmeangebot für den Windanlagenbauer Nordex aus Hamburg. Folglich sprang die Nordex-Aktie richtig an und legte Mitte letzter Woche teilweise fast 10 % an einem Tag zu. Aber wollen die Spanier wirklich das norddeutsche Unternehmen übernehmen? Schauen wir uns zunächst an, was tatsächlich passiert ist.  

 

Acciona hat zunächst im Rahmen einer Kapitalerhöhung neue Nordex-Aktien im Wert von 99 Millionen Euro gezeichnet. Dadurch stieg der Anteil der Spanier an Nordex von 29,9 auf 36,3 %. Zur Info: Sofern Sie an einem Unternehmen 30 oder mehr Prozent halten, müssen Sie nach den Bestimmungen des deutschen Gesetzes den übrigen Aktionären ein Übernahmeangebot machen. Dabei muss der gebotene Preis pro Aktie mindestens auf Höhe des durchschnittlichen Aktienkurses der letzten 3 Monate liegen.  

Für die Nordex-Aktie liegt dieser Durchschnittskurs bei 10,32 Euro. Und exakt diesen Betrag haben die Spanier von Acciona geboten und keinen einziges Euro-Cent mehr.  

Acciona will sich beteiligen, aber nicht übernehmen

Mit anderen Worten: Das Übernahmeangebot der Acciona ist eine reine Formalie. Es ist nicht mit dem echten Übernahmeangebot der AMS für Osram vergleichbar. Tatsächlich wollten die Spanier ihren Anteil am norddeutschen Windanlagenbauer aufstocken und zudem die Unternehmen neues Kapital für die bevorstehende Branchenerholung zur Verfügung stellen. Eine Übernahme hingegen ist in absehbarer Zeit nicht geplant.  

Was bedeutet das für die Kursentwicklung der Nordex-Aktie? Zunächst wird der Kurs sicherlich nicht unter die Marke von 10,32 Euro absinken, solange das Übernahmeangebot der Spanier aktiv bleibt. Der aufgerufene Übernahmepreis stellt also quasi eine Kursuntergrenze dar. Hernach freilich wird die Kursentwicklung wieder vom Börsengeschehen bestimmt.  

Fazit: Kurzfristig dürfen Sie nicht mit weiteren Kursanstiegen rechnen, da die Spanier ihr formelles Übernahmeangebot nicht aufstocken werden. Mittelfristig freilich halte ich die Klima-Aktie aber durchaus für aussichtsreich. Wie Sie wissen, bilden die Klima-Aktien derzeit einen wichtigen Anlageschwerpunkt im Trenddepot des RENDITE TELEGRAMM. Und das völlig zu Recht! So machte die Aktie des Ökostrom-Anbieters Encavis auf Wochensicht schon wieder über 4 % Gewinn.  

Genau solche Aktien, die auch einmal in der Lage sind, gegen einen schwachen Gesamtmarkt durchzustarten, brauchen wir als Börsianer. 

 

P.S. Diesen Hinweis auf einen Interessenkonflikt kennen Sie bereits: Ich bin persönlich oder für Dritte in der Aktie der Encavis und der Aktie der Nordex investiert.