Lieber Börsianer, 

in London geht es jetzt auf Schlag auf Schlag. Heute bildet Wahlsieger Boris Johnson sein neues Kabinett und bereits am Freitag soll das Unterhaus den Brexit absegnen. Der gordische Knoten scheint durchschlagen. 

In der vergangenen Woche haben wir international 2 wichtige Durchbrüche erlebt. Wie bereits angedeutet, das politische Patt in Großbritannien ist aufgelöst. Dort amtiert nun wieder eine Regierung mit starker Mehrheit und klarem Wählerauftrag. Natürlich wollten nur die wenigsten Unternehmen oder Investoren den Brexit. Man hat also nur die zweitbeste Lösung gefunden. Aber manchmal ist eine solche Lösung besser als die theoretisch beste, die allerdings nie kommt. Zu Deutsch: Wir alle dürfen froh sein, dass wir das leidige Brexit-Thema im nächsten Jahr zu den Akten legen dürfen.  

Auch in Washington bzw. Peking hat man zunächst noch nicht die beste Lösung gefunden. Allerdings haben sich beide Seiten zu einem ersten begrenzten Handelsabkommen zusammengefunden. Die Teufelsspirale immer neuer wechselseitiger Sonderzölle ist durchbrochen. Der Handelskrieg ist damit beendet, auch wenn viele teils komplexe Detailfragen immer noch ungeklärt sind. 

Vor diesem Hintergrund tendierten die internationalen Börsen mehrheitlich freundlich. DAX und S&P 500 legten auf Wochensicht ein knappes Prozent zu, während der NASDAQ 100 leicht über 1 % hinzugewann. Der britische FTSE-Leitindex schaffte sogar einen kleinen Kurssprung von über 2 %.  

Die Weichen für einen guten Start ins neue Börsenjahr sind nun gestellt 

Die Investoren tun freilich gut daran, nicht zu früh in Euphorie zu verfallen. Schließlich haben London und Brüssel noch kein unterschriftsreifes Abkommen gefunden, das die künftigen Beziehungen rechtsfest regelt. Hier werden die Verhandlungen erst nach dem Brexit, also nach dem 31. Januar aufgenommen.  

Es ist auch unwahrscheinlich, dass Peking und Washington gleich im kommenden Jahr wieder beste Handelspartner werden. Ich erwarte, dass zahlreiche Sonderzölle und andere Handelshemmnisse –  etwa für das chinesische Unternehmen Huawei – bestehen bleiben. Man darf auch nicht außer Acht lassen, dass die China-Politik des aktuellen US-Präsidenten in der US-Bevölkerung durchaus populär ist. Selbst eingefleischte demokratische Wähler sind der Meinung, dass US-Unternehmen im Handel mit China benachteiligt werden.   

Mein Fazit: Auch im nächsten Jahr wird nicht das perfekte Börsen-Paradies ausbrechen. Aber in der vergangenen Woche sind wichtige Weichen für einen vernünftigen Start ins neue Börsenjahr 2020 gestellt worden. Kurzfristig bin ich gespannt, ob der DAX noch vor Weihnachten ein neues Allzeithoch markieren wird. Die Marke ist in Schlagweite. Bis zur Einstellung des alten Rekordhochs fehlen uns nur noch 200 Punkte oder 1,5 %. Das wäre doch ein schönes Weihnachtsgeschenk für uns und ein angenehmer Jahresausklang. 

P.S. Wie wird das neue Börsenjahr? In der nächsten Ausgabe des RENDITE TELEGRAMM lesen Sie meinen großen Ausblick und erfahren, warum die anstehenden Präsidentschaftswahlen in den USA die Börsen massiv beeinflussen werden. Noch kein Leser des RENDITE TELEGRAMM? Diesen Missstand können Sie hier beheben.