Lieber Börsianer,

die Geschichte der vergangenen Woche ist schnell geschrieben. Aller Orten herrscht wieder großer Optimismus. In zwei Tagen werden China und die USA das Handelsabkommen der ersten Phase in Washington unterschreiben. Deshalb zogen zuletzt vor allem asiatische Börsen wie der Nikkei oder der koreanische Kospi massiv an 

Selbst aus Hong Kong erreichen uns diesmal halbwegs vernünftige Nachrichten. Zwar ist dort zuletzt aufgrund der anhaltenden politischen Proteste die Konjunktur spürbar zurückgekommen. Nun will die Stadtregierung die aufkommende Rezession mit einer großen Steuersenkung für Investoren bekämpfen. An der Börse feierte man diese Perspektive, und so kam der Hang Seng über 2,5 % auf Wochensicht voran.  

In Europa glänzte der DAX, der erfahrungsgemäß immer dann stark ist, wenn es international harmonisch zugeht und die Deutschen exportieren können. Fast 3 % machte der Index in der vergangenen Woche und näherte sich damit bis auf 40 Punkte seinem letzten Allzeithoch aus dem Jahr 2018.  

Iran ab jetzt wieder mit sich selbst beschäftigt

Apropos internationale Harmonie, die herrscht noch lange nicht im Mittleren Osten. Trotzdem haben wir in den vergangenen Tagen in der Region eine interessante Entwicklung beobachtet. Der Iran hat sich sowohl international wie auch national bis auf die Knochen blamiert und damit binnen weniger Tage seine zuvor komfortable Position in der Region zumindest massiv beschädigt.  

In den vergangenen Jahren und Monaten nutzte das Teheraner Regime das Machtvakuum in der Nachbarschaft und dehnte sich erfolgreich im Libanon, im Jemen, in Syrien und vor allem im Irak aus. Nahezu auf allen Schauplätzen in der Region spielte man gemeinsam mit den USA und Russland. Möglicherweise hat man dabei allerdings die eigenen Kräfte etwas überspannt und die eigenen Kompetenzen überschätzt. 

So geriet der jüngste Angriff auf zwei US-Basen im Irak zum veritablen Fiasko. Offenbar waren die Techniker der zuvor hoch gelobten Revolutionsgarden nicht in der Lage, die Raketen so einzustellen, dass sie die Fußballplatz-großen Ziele auch tatsächlich treffen. Stattdessen holte man eine ukrainische Passagiermaschine im eigenen Luftraum vom Himmel, weil man die für einen aus dem Ausland anfliegenden US-Marschflugkörper hielt. 176 Menschen vorwiegend iranischer Abstammung haben diese Inkompetenz mit dem Leben bezahlt.  

Erinnern Sie sich noch an den Hobbyflieger Mathias Rust? Der Mann unterflog mit einer einmotorigen Cessna-Maschine im Mai 1987 die sowjetische Flugabwehr und landete seine kleine Maschine direkt im Zentrum der Macht, nämlich in Moskau unweit des Roten Platzes. Nur ein Jahr zuvor hatte ein heillos überforderter Ingenieur Block 4 des Kernkraftwerks von Tschernobyl gesprengt.  

Solche Ereignisse treten nie zufällig auf, sondern sie künden von der allmählichen Degeneration eines politischen Regimes. So war die Sowjetunion wenige Jahre nach der Katastrophe von Tschernobyl und der Affäre Rust Geschichte. Das Land war wirtschaftlich, technisch und auch militärisch offensichtlich am Ende.  

Auch die „Herrschaft der Rechtsgelehrten“ – so die offizielle Selbstbezeichnung – in Teheran wirkt nicht mehr sattelfest. Wir werden sehen, ob dieses Regime ähnlich rasch kollabiert wie damals die Sowjetunion. Fest steht in jedem Fall: Die Mullahs sind jetzt erst einmal mit sich selbst und ihrer Flugabwehr beschäftigt und lassen ihre Nachbarn erst einmal weitgehend in Ruhe.   

Das macht den Mittleren Osten einfach etwas stabiler. Auch das registrierten die Investoren weltweit mit Wohlwollen und kauften Aktien. Öl hingegen sackte je nach Sorte zwischen 5 und 6 % ab. Hier haben die Investoren in der letzten Woche zu Recht Risikoprämien ausgepreist. Oder anders formuliert: Der DAX kann sich in den nächsten Tagen zu einem neuen Rekordhoch aufmachen.  

 

P.S. Morgen nehme ich Ihnen in Börse am Mittag die Angst vor Volatilität und Kursschwankungen. Ich erkläre Ihnen, wie Sie von diesen Phänomenen sogar profitieren werden.