Lieber Börsianer, 

haben Sie auch schon gehamstert? Wir alle wissen, dass solche Maßnahmen nicht erforderlich sind. In China sind in den letzten Wochen viele Menschen gestorben. Verhungert ist freilich niemand. Das wird auch in Deutschland oder Italien nicht anders sein. 

Trotzdem habe ich sicherheitshalber beim letzten Einkauf einige Konserven und einige Stück Seife zusätzlich in meinen Einkaufswagen gelegt. Und in der Tat, die Regale waren in einigen Abteilungen nur noch spärlich gefüllt.   

Ganz ähnlich funktioniert derzeit die Börse. Wir vertrauen zwar der Aktienlage, wissen auch, dass unsere Positionen, die wir noch halten, gut sind. Trotzdem, viele Börsianer verkaufen immer noch, selbst beste Qualität. Die Depots werden derzeit gegen jeden Sinn und Verstand ausgekehrt. 

Warum machen die Verbraucher bzw. Börsianer das eigentlich? Warum handeln jetzt selbst ansonsten vernunftbegabte Menschen gegen jede Rationalität? Die Antwort ist einfach: Die Panik geht um. In dieser Situation arbeitet unser Gehirn nur noch sehr einseitig und produziert nichts mehr anderes als Gefühle. Und vor allem: Wir „denken“ in diesem Augenblick nur noch kurzfristig und sehen wie uns Depot wie Schnee in der Sonne schmilzt, und das praktisch täglich.  

Wir fürchten, unsere Mitbörsianer sind schneller und holen sich die besseren Ausstiegskurse. Wir fürchten, am Ende bleiben wir quasi ganz allein mit unserem ausgebombten Depot zurück. Und ab jetzt steigen die Aktienmärkte nie mehr.    

Dabei ignorieren wir alle Fakten und Erfahrungen. So ist die Covid-Erkrankung eine ernste Grippe. Es ist allerdings nicht die Pest, die Europa nun wie damals im späten Mittelalter entvölkern wird.  

Crash 2008: Bereits ein Jahr später waren 50 % der Verluste wieder ausgeglichen 

Schauen wir uns doch in diesem Zusammenhang einmal den letzten Crash an. 2008 kollabierte der DAX und verlor nach der Lehman-Pleite kurzzeitig sogar über 50 %. Ein absolutes Horrorjahr, in dem am Ende viele Börsianer den Markt verließen. Im Folgejahr legte der DAX allerdings rund 50 % zu und kompensierte damit binnen weniger Monate ziemlich genau die Hälfte der zuvor erlittenen Verluste 

Die Anleger, die zuvor ausgestiegen waren, schauten in die Röhre. Für sie war dieser Crash tatsächlich schlimm, da sie sich ihr Geld am Markt nicht mehr zurückholten. 2010 legte der DAX nochmals rund 17 % zu. Für diejenigen, die im Markt geblieben waren, war der Crash 2008 damit weitgehend ausgestanden. Diejenigen unter uns, die damals in der Lage waren, nachzukaufen, dürften zu diesem Zeitpunkt per saldo sogar schon wieder neue Rekordstände in Ihren Depots gefeiert haben.  

Für diese langfristigen Entwicklungen haben wir jetzt natürlich kein Blick, denn wir werden nur noch von unseren Ängsten und Sorgen beherrscht. Emotionen sind allerdings an der Börse selten ein guter Berater.  

In den kommenden Tagen müssen wir alle die Zähne nochmal richtig zusammenbeißen. Aber ich verspreche Ihnen, die nächste Erholung kommt, und die wird mächtig ausfallen. Ich weiß, das klingt nun wenig charmant und attraktiv. Aber es ist die Wahrheit: Wer jetzt in dieser Phase Leidensfähigkeit beweist, wird am Ende belohnt.