Lieber Börsianer,

die Corona-Pandemie wird die Volkswirtschaften dieser Welt Substanz kosten. Jetzt schon wird offensichtlich, dass die Staaten versuchen werden, mit erheblichen Geldspritzen und anderen Förderprogrammen in die Bresche zu springen, um den Kollaps der Wirtschaft abzuwenden.  

Beispiel Bayern: Hier legt man in diesen Tagen einen sog. Härtefallfonds vor allem für kleinere Unternehmen auf. Bis zu 10 Milliarden Euro will sich die Staatsregierung diese Unterstützung kosten lassen. Gleichzeitig wird man die Schuldenbremse vorübergehend aussetzen. In einem letzten Schritt kann sich Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger sogar vorstellen, dass man in Unternehmen „hereingeht“, sofern diese systemrelevant sind. Damit greift die Politik auf das Instrumentarium der Finanzkrise (2008-11) zurück, als die Staaten vor allem in Europa viele Geschäftsbanken auffangen mussten.  

Bayern und auch andere Bundesländer in Deutschland und auch Österreich werden sich solche Maßnahmen ungefähr leisten können. Sowohl Deutschland wie Österreich sind nach wirtschaftlich starken Jahren mit Rekord-Steuereinnahmen finanziell solide aufgestellt. 

Freilich stellt sich für uns trotzdem wieder einmal die Systemfrage. Können auch Länder wie etwa Italien oder Spanien vergleichbare Maßnahmen schultern, ohne dabei wieder an den Abgrund zum Staatsbankrott zu geraten. Zur Erinnerung: Der Höhepunkt der globalen Bankenkrise lag in den Jahren 2008 und 2009. Durch die Rettungsmaßnahmen gerieten dann die südeuropäischen Staatshaushalte etwa 2011 in sehr schweres Fahrwasser. In der Folge wackelte sogar der Euro und wurde für einige Jahre im internationalen Handel zur Weichwährung.  

Droht uns nun erneut ein solches Szenario? Geraten nun die Rentenmärkte ebenfalls in den Strudel der Corona-Krise? Schnellt der Zins für – sagen wir spanische oder italienische Staatsanleihen – wieder mächtig in die Höhe und schneidet diese Länder letztlich vom Kapitalmarkt ab?  

Hier habe ich zumindest Stand heute gute Nachrichten für Sie. Das Euro-System wirkt derzeit stabil. Wir beobachten keine nennenswerten Abflüsse aus dem System. Die EZB wird bis zum Jahresende 120 Milliarden Euro zusätzlich in den Rentenmarkt pumpen, um eine schädliche Explosion der Zinsen, also der Finanzierungskosten für die Länder der Euro-Zone zu vermeiden. Die Investoren haben derzeit hohes Vertrauen in die EZB und erwarten, dass die Maßnahmen fruchten werden.  

Italien müssen wir im Blick haben

Zurzeit finanziert sich etwa Spanien am Rentenmarkt (Laufzeit 10 Jahre) zu einem Zins von 0,8 %, Portugal muss knapp 1 % bezahlen. Damit müssen die Südeuropäer zwar deutlich mehr berappen als etwa Deutschland oder Österreich. Bekanntlich erhalten die meisten mitteleuropäischen Länder derzeit frisches Kapital am Markt ohne jeden Zins oder verdienen sogar dank negativer Zinsen.  Trotzdem: Insgesamt segeln die Südeuropäer gegenwärtig am Rentenmarkt in ruhiger See. 

Lediglich Italien müssen wir im Blick haben. Dort ist der Zinssatz für 10-jährige Staatsanleihen zuletzt leicht über 2 % hinausgezogen. Damit ist der Zins historisch betrachtet immer noch traumhaft günstig für das südeuropäische Land. Gleichwohl deutet die Dynamik des jüngsten Zinsanstiegs an, dass die Investoren hier zumindest leicht besorgt sind und derzeit nicht bereit sind, dem Land ohne entsprechende Risikoprämien (erhöhter Zins) Geld zu leihen. 

Fazit: Aktuell gehe ich also davon aus, dass sich die Corona-Krise nicht zu einer grundsätzlichen Systemkrise auswachsen wird. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass die Expansion des Virus in Europa zeitnah gestoppt werden kann, damit wir die Wirtschaft nicht ähnlich wie das Schulsystem ebenfalls noch herunterfahren müssen. Virologen prognostizieren für Deutschland, dass die zuletzt eingeleiteten Quarantäne-Maßnahmen in rund 10 bis 20 Tagen wirken werden 

Ich sehe hier erste Anzeichen, dass die Quarantäne zumindest teilweise allerdings schon deutlich früher wirkt. So steigt die Anzahl der bekannten Neuinfektionen z.B. in Italien seit dem Wochenende nicht mehr an. Hier sehe ich die Chance, dass die Pandemie gemessen an der Anzahl der Neuinfektionen ihren Höhepunkt erreicht hat. Folgt Italien nun dem Muster, das wir zuvor schon in China und Südkorea gesehen haben, dürfte die Anzahl der Neuinfektionen in Italien in zwei bis drei Wochen auf Null fallen.  

Eine Information aus China: Hier wurde gestern landesweit nur noch eine Neuinfektion entdeckt. Dort leiden im Moment über 81.000 Menschen an der Covid-Erkrankung. Es werden ab jetzt allerdings keine weiteren Fälle dazukommen. Stattdessen verlassen dort jeden Tag Menschen, die geheilt sind, die Krankenhäuser oder die heimische Quarantäne. Das werden wir in Europa in sehr absehbarer Zeit ebenfalls schaffen.  

 

P.S. Gleich morgen lesen Sie an dieser Stelle, welche Aktien Sie jetzt noch unbedingt verkaufen müssen. Denn einige Unternehmen sind in der Tat von der Insolvenz bedroht.