Lieber Börsianer, 

natürlich, meine Überschrift ist provokativ. Schließlich fürchten Investoren nichts mehr als den Crash. Solche Kursphänomene sorgen regelmäßig bei Privatanlegern für tiefe Verzweiflung. Bei Profis vernichten solche radikalen Kursbewegungen mitunter sogar Existenzen.  

So verfiel die Wall Street am 19. Oktober 1987 in einen kollektiven Paniktaumel. Als der Dow Jones an diesem Tag binnen weniger Minuten um 25 % absackte, verließen viele Börsenhändler die Handelsräume und weinten auf der Straße. Einige sollen hysterisch geschrien haben: Alles ist weg!  

Wahrscheinlich haben wir damals den schnellsten und glattesten Crash aller Zeiten erlebt. Solche Kursbewegungen bezeichnen Börsianer auch als den idealen Crash. Denn der Markt wird hier in wenigen Tagen oder Wochen bereinigt. Anschließend legen die Börsen in der Regel ausnehmend dynamisch wieder zu. Und in der Tat, nach knapp 3 Jahren war damals alles wieder ausgestanden. Alles, das zuvor weg auf Dauer verloren schien, war wieder da. Also zumindest für die Börsianer, die hartnäckig am Markt blieben und in der 1987-er Krise nicht aufgegeben haben.   

Mehr noch: Im Rückblick wissen wir, dass damals eine historische Haussephase vorbereitet worden ist. So legte der Dow Jones in den folgenden Jahren über 600 % zu. Die Voraussetzung dafür war der ideale Crash von 1987.  

Weit weniger ideal war freilich der Crash von 2000 bis 2002 (Dotcom-Blase). Der Kursrückgang vollzog sich die meiste Zeit in kleinen, quasi homöopathischen Dosen. Es füllte sich eigentlich immer wie eine harmlose Zwischenkorrektur an, sodass viele unter uns immer wieder nachkauften. Damit vergrößerten wir nur laufend unsere Depotverluste. Auch hier erholte sich der DAX zwar binnen weniger Jahre. Aufgrund der vorangegangenen Verlustjahre (2000 bis 2002) schaffte der DAX gleichwohl per saldo 7 Jahre lang keine Kurszuwächse. So standen wir 2007 genau dort, wo wir bereits 2000 waren. Börsianer bezeichnen solche langen Baissephasen auch als Salami-Crash. 

Wenn ich wählen darf, dann nehme ich als Börsianer immer den glatten und scharfen Crash. Natürlich geht diese Kursbewegung kurzfristig mit maximalem Stress und tiefer Verzweiflung einher. Trotzdem, ein Organismus übersteht den glatten harten Schlag besser als den permanenten Aderlass.  

Zuletzt haben wir genau einen solchen idealen und schnellen Crash erlebt. Fest steht damit, vor uns steht keine jahrelange Baisse, sondern das komplette Gegenteil, nämlich eine rasche und dynamische Erholung. Noch sind die Voraussetzungen für die Erholung nicht gegeben. Zuvor muss sich noch der Virus zumindest aus Europa und Nordamerika verabschieden.  

Aber auch hier gilt: Der Virus ist schnell über uns gekommen und wird sehr wahrscheinlich auch wieder schnell gehen.  

Einige unter Ihnen werden sicherlich erwidern: Kann ich einen Crash – ganz gleich in welcher Ausformung – nicht überhaupt vermeiden? Muss ich mir sowas antun?  

In diesem Punkt habe ich eine schlechte Nachricht für Sie: Der Crash gehört zur Börse wie der Kursverdoppler oder die Dividende. Sie können die Börse nur ganz oder gar nicht nehmen.  

Es mag schon sein, dass der ein oder andere Investor den aktuellen Crash etwas besser übersteht als der andere. So haben wir im RENDITE TELEGRAMM und auch in den Premium-Chancen etwa Shorts und daneben einige Corona-Aktien wie Gilead oder Zur Rose gekauft. Das hat uns natürlich geholfen. Und ja, wir werden den Gesamtmarkt schlagen und am Ende weniger verlieren als die meisten unserer Kollegen. Trotzdem, auch wir werden geschoren. Letztlich sitzen wir als Börsianer in einer solchen Situation alle in einem Boot  

Wichtig ist mir jetzt nur, dass Sie nicht aus diesem Boot aussteigen, kurz bevor die Erholung startet. Denn wie gesagt: In der Baisse verlieren wir alle gemeinsam mehr oder weniger, aber dafür werden wir in der kommenden Hausse auch alle gemeinsam wieder verdienen.