Lieber Börsianer, 

die großen Notenbanken fluten die Märkte mit Geld. Damit sollen die Auswirkungen der Corona-Krise auf die Wirtschaft abgemildert werden. Ohne die umfassenden Anleihekaufprogramme der Zentralbanken rund um den Globus wären die Rettungsprogramme der Regierungen nicht finanzierbar. Doch das Geld kommt nicht immer da an, wo es gebraucht wird. 

Die Liquiditätsklemme bedroht Unternehmen 

Es gibt Unternehmen, die keinen Zugang mehr zum freien Kapitalmarkt haben. Trotz der konzertierten Stützungsmaßnahmen von Regierungen und Zentralbanken mussten einige Unternehmen bereits in die Insolvenz gehen. 

Zu den bekanntesten Opfern gehören die Warenhauskette Karstadt Kaufhof, der Autovermieter Hertz und die Fluglinie Virgin Atlantic. Auch die Modehändler Esprit und Colloseum rutschten in die Pleite. Und das dicke Ende kommt erst noch. 

In Deutschland wurden die Unternehmen von der Pflicht zu einem Insolvenzantrag befreit. Die Frist soll sogar bis ins nächste Jahr hinein verlängert werden. Experten rechnen deshalb allein in Deutschland mit bis zu 800.000 sogenannten Zombie-Unternehmen. Dabei handelt es sich um Unternehmen, die nur durch die gesetzlichen Lockerungen des Insolvenzrechts noch am Markt sind, obwohl sie eigentlich längst zahlungsunfähig sind. Auf Deutschland rollt eine gigantische Pleitewelle zu. 

Es gibt auch Gewinner 

In jeder Krise gibt es jedoch immer auch Chancen. Von der Geldflutung durch die Notenbanken profitiert vor allem die Finanzindustrie. Dem für seine iShares-ETF’s bekannte Vermögensverwalter Blackrock flossen allein im 2. Quartal 100 Milliarden Dollar frische Anlegergelder zu. Das Geld muss angelegt werden. Deshalb profitieren auch die Börsenbetreiber von steigenden Umsätzen. Deutsche Börse, London Stock Exchange und die Intercontinental Exchange berichten über ein anhaltend hohes Geschäftsvolumen. 

Investmentbanker haben ebenfalls viel zu tun. Goldman Sachs, Morgan Stanley, JP Morgan und die vielen kleineren Anbieter freuen sich über gute Geschäfte. Das Karussell für Finanzierungen, Firmenübernahmen und sogar Börsengänge dreht sich immer schneller. Durch die riesige Staats- und Unternehmensverschuldung erweist sich zudem der Handel mit Anleihen als besonders lukrativ. 

Während in den Kreditabteilungen vieler Banken die Sorgenfalten immer tiefer werden, steuert bei vielen Instituten das Investmentbanking nach mehreren schwachen Jahren wieder einen großen Teil des Ertrags bei. Daher sind Finanzhäuser mit einem kleinen Kreditgeschäft im Moment besonders erfolgreich.