Liebe Börsianer,

in den Medien lesen Sie derzeit, dass London und Brüssel eine Brexit-Vereinbarung gefunden hätten. Formell ist das richtig. Ich als Börsianer bin aber nicht zufrieden. Nein, Frau von der Leyen und Mr. Johnson, das reicht nicht!

Künftig werden britische Zollbehörden pro Jahr mehrere hundert Millionen Zolldeklarationen zu bearbeiten haben. Diese Dokumente müssen in den Unternehmen der Exportbranchen und der Logistik mühsam und mit zusätzlichem Aufwand erstellt werden. Nach ersten Schätzungen fehlen derzeit in den britischen Zollbehörden bis zu 50.000 Mitarbeiter, um den erhöhten bürokratischen Aufwand zu bewältigen. Nach ersten Schätzungen wird London für das neue Zollregime rund 13 Milliarden britische Pfund aufwenden müssen. Das klingt nicht nach Turbo für die Börsen.

Aber Jammern gilt bekanntlich für uns als Börsianer nicht. Tatsache ist, London und Brüssel habe eine solide Basisvereinbarung gefunden, die den Kollaps des europäisch-britischen Handels abwendet. Aber hier müssen die Unterhändler von beiden Seiten nochmal ran und diverse Bestimmungen des rund 2.000 Seiten starken Abkommens nochmal korrigieren. Das war noch nicht der große Wurf.

Aber ich habe für Sie auch noch eine frohe Kunde: In der EU läuft jetzt die erste Impfwelle an. Hier und da hielt die Kühlkette bei der Auslieferung des BioNTech-Vakzins nicht, so dass dort zunächst kurzfristig noch nicht zur Tat geschritten werden kann.

Trotzdem, es ist amtlich: Gestern am 27. Dezember ist die vielleicht größte konzertierte Impfaktion der Welt angelaufen. In Europa glüht also ab jetzt die Nadel. Zunächst wird medizinisches Personal der Senioreneinrichtungen und deren Bewohner geimpft. Wenn meine Informationen stimmen, werden allerdings bereits ab Anfang Januar auch Senioren (über 80 Jahre) außerhalb der Einrichtungen geimpft, sofern man dies wünscht.

Da muss man nun auch einmal loben: Bund und Länder haben offenbar ihre Hausaufgaben gemacht und starten nun das Projekt „Herdenimmunität“. Glaubt man unserem Gesundheitsminister, ist Deutschland schon im Sommer „durchgeimpft“. Das wäre ziemlich schnell für ein Land mit 84 Millionen Einwohnern.

Jetzt gehen wir einfach einmal davon aus, dass das Projekt funktioniert, dass der zuvor in den Labortests festgestellte Wirkungsgrad ungefähr bestätigt wird und – ganz wichtig –, dass keine unerwünschten Nebenwirkungen gehäuft auftreten. Dann sollte einem brauchbaren Börsenjahr, ich formuliere bewusst nicht zu euphorisch – nichts entgegenstehen.

Spannend wird hierbei besonders der Börsenmonat Januar. Nicht selten wird nämlich bereits zu diesem frühen Zeitpunkt über die Tendenz des Restjahres entschieden.