Liebe Börsianer,

große Freude bereiten uns Wasserstoff-Aktien derzeit nicht. Die Aktien der Branche sind etwa Ende Januar in eine Korrektur eingetreten. Viele Investoren, die diesen Markt erst vor wenigen Wochen entdeckt haben, sitzen nun auf schmerzhaften Buchverlusten. Die Aktie der Branchengröße ITM Power etwa liegt auf Monatssicht über 20 % unter Wasser. Noch schlimmer erwischte es das Papier des Branchenveterans Ballard Power. Hier stehen auf Monatssicht über 30 % Nasse zu Buche.

Was sind die Hintergründe der Korrektur? Generell ist das Momentum für Risiko-Investitionen gegenwärtig ungünstig. So schwächelt das NASDAQ-Segment ebenfalls. Die Lust am Risiko, das Interesse der Investoren an neuer Technologie und an Startup-Geschäftsmodell ist aktuell wenig ausgeprägt.

Daneben muss man sachlich anmerken, dass die Aktien im vergangenen Jahr stark überdreht haben. So legten die Wasserstoff-Titel gemessen am europäischen Branchenindex E-Mobilität-Wasserstoff in diesem Zeitraum im Durchschnitt rund 200 % zu. Ausgesuchte Aktien wie die eingangs schon erwähnte ITM Power schafften im vergangenen Jahr teilweise sogar weit über 600 %. Angesichts dieser Zahlen kann die laufende Korrektur nicht wirklich erstaunen. Im Markt war und ist noch immer Schaum. Die Investoren tun gut daran, zunächst etwas Druck aus dem überpumpten Kessel zu nehmen.

Zudem räumen Techniker nicht mehr nur hinter vorgehaltener Hand ein, es gibt ernsthafte Probleme. Die Entwicklung verläuft nicht linear und wurde zuletzt immer wieder von Rückschlägen zurückgeworfen. Ein Beispiel: Im vergangenen Herbst wurde offensichtlich, der Lkw-Bauer Nikola ist noch nicht so weit und wird in absehbarer Zeit keine Wasserstoff-Antriebe in den Verkehr bringen.

Ich selbst hatte große Erwartungen in das junge US-Unternehmen gesetzt. Ich sah hier den großen Game Changer für die Branche. Der Misserfolg der Nikola strahlte weit in die Branche hinein und belastete Unternehmen wie etwa NEL ASA und versetzte den Wasserstoff-Ambitionen etwa der deutschen Robert Bosch GmbH oder auch der italienischen Iveco-Gruppe einen herben Dämpfer.

Es wird nun Zeit für einen realistischen und schonungslosen Blick auf den Stand der Technik in der Branche. Wir müssen zu den Wurzeln zurück und uns ganz banale Fragen stellen: Wie funktioniert ein Tankvorgang an einer Wasserstoff-Tankstelle? Oder: Wie konkurrenzfähig ist die Brennstoffzelle im Vergleich zur Lithium-Batterie wirklich? Noch eine unangenehme Frage: Kommen die kleinen Brennstoffzellen-Entwickler gegen die E-Autobauer wie Tesla und seit Neuerem auch VW wirklich an?

Morgen decke ich die Irrtümer und die Fehler der Unternehmen und ihrer Entwickler schonungslos in Börse am Mittag auf. Dabei schreibe ich nicht über Zukunft, Visionen und Phantasien, sondern ich sage Ihnen, wie weit die neue Technologie in der Gegenwart ist. Und natürlich sage ich Ihnen ganz konkret, was jetzt für Sie als Wasserstoff-Investor zu tun ist.