Liebe Börsianer,

Facebook-Gründer Mark Zuckerberg gilt als eher zurückhaltend und medienscheu. Selbst auf seiner eigenen Plattform gab er sich in der Vergangenheit eher wortkarg und teilte nur sporadisch eher nichts sagende Motive, wie er etwa mit seiner Frau Golf spielt oder kocht.

Zuletzt hat sich das geändert. Tatsächlich nutzte er sein Facebook-Konto nun regelmäßig und nutzt dabei die Corona-Krise, um den ramponierten Ruf des eigenen Unternehmens wieder aufzupolieren. Aber der Reihe nach!

Facebook hat in den letzten Quartalen vor allem im Segment der sehr aktiven und jungen Nutzer verloren. Die Plattform war einfach nicht mehr cool. Sie war als Datenkrake verschrien, gewerbliche Nutzer bemängelten die Intratransparenz der Werbekampagnen. Auch neue Anwendungen wie ein digitaler Kleinanzeigenmarkt brachte kaum nennenswert zusätzliches Nutzerwachstum. Stattdessen tummeln sich hier zunehmend Zeitgenossen mit origineller politischer Meinung, die man auch gerne mit klarer Wortwahl vertritt.

Aber: Zuckerberg hat das Ruder herumgeworfen. Nun klärt Facebook über das Virus auf und hat der Weltgesundheitsorganisation kostenlos digitalen Anzeigenraum zur Verfügung gestellt. Gemeinsam mit dem US-Virologen Anthony Fauci trat er vor die Kamera und machte sich für die Einhaltung der Corona-Regeln stark.

Unterdessen filtern Algorithmen Hassrede aus den Postings der Nutzer. Aussagen wie: „Eskimos sind dumm und ernähren sich von Baby-Robben“ bereinigt Facebook mittlerweile. Keine Frage, Facebook hat sich in der Corona-Krise Relevanz zurückgeholt und ist nun für viele Nutzer zumindest wieder sympathisch, wie jüngst ein anerkannter Markenforscher herausfand. Dabei holte man gemessen an der Relevanz und Popularität gegenüber dem Konkurrenten Google spürbar auf.

Nun wird sich weisen, ob diese Maßnahmen auch die Umsatzzahlen bzw. die Facebook-Aktie wieder antreiben wird. Zwar präsentierte sich die Aktie in den vergangenen 12 Monaten mit einem Kursgewinn von knapp 45 % sicherlich nicht schwach. Gegenüber dem Gesamtmarkt, der gemessen am NASDAQ 100 um 57 % zulegte, enttäuschte die frühere Kursrakete allerdings. Noch bin ich skeptisch, dass es reicht, dass die Plattform für viele Nutzer nun wieder „sympathisch“ ist. Ich habe den Eindruck, dass dem Management um Markt Zuckerberg so die ganz große zündende Idee fehlt, um wirklich wieder auf Expansionskurs einzuschwenken.

Heute Abend werden wir erfahren, ob ich mich irre. Denn dann wird das US-Unternehmen die Zahlen aus dem abgelaufenen Quartal publizieren. Dabei sollte Facebook mindestens 2,35 USD Gewinn je Aktie schaffen. Im Vergleich zum (schwachen) Vorjahresquartal entspräche dies immerhin einem Wachstum von 38 %. Und vielleicht wird Zuckerberg auch wieder einmal eine neue Anwendung präsentieren, damit man künftig nicht nur als sympathisch, sondern auch wieder als innovativ wahrgenommen wird. Ich bin sehr gespannt.