Liebe Börsianer,

für viele Deutsche ist die staatliche Rentenversicherung die einzige Vorsorge fürs Alter. Das Thema private, und eigenverantwortliche Altersvorsorge wird in unserem Land leider immer noch von einem Großteil der Bevölkerung ignoriert. Für junge Menschen erscheint das Alter noch viel zu weit weg, um darüber nachzudenken. Später im Leben stehen andere Ausgaben im Vordergrund. Neben Haus, Kind und Auto bleibt häufig wenig übrig, mit dem man sich ein Polster schaffen kann. So ist die staatliche Rente nicht nur ein Teil, sondern die einzige Vorsorge. Diese Einstellung halte ich für fahrlässig. Ungünstig zudem, Teile der deutschen Politik stehen einem eigenverantworteten und freien Vermögensaufbau etwa durch Aktien skeptisch gegenüber.

Das umlagefinanzierte System kann schon lange nicht mehr das leisten, was einst versprochen wurde. Der demografische Wandel führt mit Sicherheit in eine Zukunft, in der die Arbeitnehmer die Rentenansprüche nicht mehr erwirtschaften können. Diese Zukunft hat bereits begonnen: Im Jahr 2020 musste der Staat den Rentenkassen mit rund 100 Milliarden Euro Steuergeldern aushelfen.

Eine private Vorsorge fällt vielen in Zeiten von Negativzinsen schwer. Ein Großteil der Deutschen scheut bis heute den Aktienmarkt. In Norwegen übernimmt kurzerhand der Staat die Investitionsentscheidung für seine Bürger. Das Land im hohen Norden hat enorme Öl- und Gasvorkommen. Daraus erwachsen riesige Steuereinnahmen.

Seit 1990 wandern diese Einnahmen in den staatlichen Pensionsfonds. Das darin angesammelte Vermögen der Norweger überschreitet selbst das der Ölprinzen aus dem Mittleren Osten. Der Pensionsfonds hat inzwischen einen Wert von 10 Billionen Norwegischen Kronen bzw. 1 Billion Euro erreicht. Man könnte jedem Einwohner des Landes sofort rund 188.000 Euro auszahlen.

Norwegen spart für die Zeit nach dem Öl

Norwegen hat mit diesem System eine perfekte Altersabsicherung für seine Bevölkerung geschaffen. Die Einnahmen des Landes werden nicht ewig fließen. Irgendwann werden die Ölfelder vor der Küste erschöpft sein. Viel wahrscheinlicher ist aber, dass vorher die Nachfrage nach dem Rohstoff zurückgeht. Um auch in Zeiten nach dem Öl die umfassenden Sozialleistungen zu finanzieren, sorgen die Norweger bereits heute vor. Der Staatsfonds wächst nicht nur aus Steuereinnahmen. Mit einer durchschnittlichen Rendite von 5,9% pro Jahr schlagen die Norweger die Indizes und die meisten Fondmanager deutlich.

Der Erfolg der Norweger macht neugierig. Blicken wir auf die Investitionen des Staatsfonds wird deutlich: Der norwegische Staatsfonds investiert mit Vorliebe in Zukunftstechnologien. Der größte Depottitel ist Apple, weit oben in der Liste finden sich aber auch Microsoft, Alphabet und Amazon.

Die Norweger fixieren sich aber keinesfalls nur auf das Silicon Valley. Mit Tencent und Alibaba hat der Staatsfonds auch die chinesischen Konkurrenten der US-Unternehmen im Depot. Die Auswahl der Investitionen unterliegt strengen ethischen Maßstäben. Der Verzicht auf Waffen- und Tabakunternehmen belastet die Rendite des Staatsfonds. Desinvestitionen aus Umweltschutzgründen, der Verzicht auf Palmöl- und Kohlegeschäfte hingegen steigern die Rendite.

Nun will sich der Staatsfond schrittweise aus seinen Anlagen in der Öl- und Gaswirtschaft zurückziehen. Grund dafür ist nicht nur der Umweltschutz. Das Land will auf diese Weise seine Abhängigkeit vom Ölmarkt verringern und mehr Geld in Zukunftstechnologien investieren.

Die Norweger machen uns seit 30 Jahren vor, wie man ein zukunftsfähiges Rentensystem gestalten kann. Solange wir in dem Rentenmodell des 19. Jahrhunderts feststecken, müssen wir uns selbst um unsere Altersvorsorge kümmern.