Liebe Börsianerinnen, liebe Börsianer,

solche oder ähnliche Nachrichten sind Ihnen sicherlich auch schon aufgefallen. Da meldet ein Unternehmen einen großartigen (operativen) Gewinn. Wenig später lesen wir allerdings in der Meldung, dass man immer noch rote Zahlen schreibt, also einen Nettoverlust erlitten hat. Häh, was denn jetzt? Hat das Unternehmen nun Gewinn gemacht oder nicht?

Der Nettogewinn ist der Betrag, der vereinfacht gesprochen in der Kasse des Unternehmens am Ende des Geschäftsjahres hängen bleibt. Alle Belastungen wie Steuern, Schuldendienst etc. sind hier bereits abgezogen.

Der sog. operative Gewinn, oft auch als EBIT-Gewinn bezeichnet, ist der Gewinn, den ein Unternehmen aus seinem operativen Tagesgeschäft erzielt. Ein willkürliches Praxisbeispiel: Ein Malermeister hat mit seiner Arbeit 100.000 Euro verdient. Gleichzeitig hat er einen Teil seines Betriebsgeländes vermietet und hier Mieteinnahmen in Höhe von 15.000 Euro erzielt. Nun stellt aber die Vermietung von Immobilien oder Grundstücken nicht das Tagesgeschäft eines Malerbetriebs dar. Folglich werden die Mieteinnahmen nicht im operativen Gewinn erfasst, steigern gleichwohl am Ende den Nettogewinn.

Anderes Beispiel: Ein angeschlagener Autozulieferer schreibt operativ endlich wieder einen kleinen Millionengewinn. Freilich musste das Unternehmen in den Jahren zuvor reichlich Fremdkapital am Markt aufnehmen, um Verluste auszugleichen. Und jetzt drückt der Schuldendienst und verwandelt den operativen Gewinn – also den Gewinn vor Zinszahlungen – in einen Nettoverlust.

Folglich weicht in der Praxis der operative Gewinn immer vom Nettogewinn ab. Welche Gewinnzahl ist eigentlich für uns als Börsianer aussagefähiger? Hierzu eine einfache Faustformel.

Substanz- und Dividendenaktien sollten schon einen Nettogewinn ausweisen. Denn die Dividendenausschüttung erfolgt aus dem Nettogewinn. Und dort, wo auf Dauer kein Nettogewinn, wird auch keine verlässliche Dividende fließen.

Bei Startup- oder Wachstumsunternehmen besteht dieser Zusammenhang zunächst nicht. Hier messen deshalb Börsianer dem operativen Gewinn eine höhere Bedeutung bei. Denn diese Zahl verrät uns, wie dynamisch das Unternehmen wirklich wächst. Dabei unterstellen wir natürlich, dass die Wachstumskraft des Unternehmens anhält und dass aus dem operativen Gewinn mit der Zeit auch ein Nettogewinn wird.

Übrigens: Bei US-Wachstumsunternehmen arbeiten Börsianer mit dem Non-GAAP-Gewinn. Auch diese um Einmalfaktoren bereinigte Gewinnzahl beschreibt nicht den Nettogewinn, ist allerdings ebenfalls ein guter Gradmesser für die Ertrags- und Wachstumskraft eines Unternehmens.

Natürlich können Finanzchefs mit diesen diversen Gewinnzahlen wie EBIT, EBITDA oder Non-GAAP durchaus Schindluder treiben und diverse Schwächen im eigenen Unternehmen kunstvoll verdecken. Auch deshalb lege ich in meinen Börsendiensten großen Wert auf die Erläuterung der Quartalszahlen. Ich erkläre Ihnen regelmäßig die wichtigen Kennzahlen, damit Sie immer wissen, ob „Ihr“ Unternehmen wirklich erfolgreich am Markt agiert. Nur wer diese Informationen kennt, wird an der Börse wirklich erfolgreich sein.