Liebe Börsianerinnen, liebe Börsianer,

inzwischen sind Sie als Leser mit dem Fiasko der Lieferketten vertraut, das sich weltweit abspielt. Die Regale in den Geschäften sind teilweise leer, die Lieferungen kommen zu spät und die Containerschiffe drängeln sich vor dem Hafen von Los Angeles. Ebenso wie die Container selbst, die nicht mit dem Zug abtransportiert werden können, selbst wenn sie von einem Schiff entladen werden.

Es ist ein Chaos. Die Schiffseigner geben den Lastwagenfahrern die Schuld. Die Lastwagenfahrer machen die Hafenbetreiber und die staatlichen Vorschriften verantwortlich. Die Zwischenhändler schieben die Schuld auf die Bahn und die Lastwagenfahrer. Die Einzelhändler geben den Zwischenhändlern die Schuld und die Kunden machen die Geschäfte dafür verantwortlich. Das Traurige daran ist, dass alle recht haben.

Die Lieferketten sind kaputt – vom Schiff über die Häfen und Züge bis hin zu den Lagerhäusern und Einzelhandelsgeschäften. Die Situation wird immer schlimmer werden, aber nehmen wir einmal an, die Probleme in den Lieferketten wären plötzlich gelöst (das wird nicht so sein, aber tun wir einfach mal so).

Es gibt noch ein weiteres Problem: Es ist schwierig, Mitarbeiter zu finden, die in den Geschäften arbeiten und den Kunden zur Seite stehen.

Es gibt einen gravierenden Mangel an Einzelhandelsmitarbeitern in den USA und es ist aussichtslos, die offenen Stellen in absehbarer Zeit zu besetzen. Walmart möchte 150.000 Mitarbeiter zur Verstärkung für die Weihnachtszeit einstellen. Macy’s plant für das Weihnachtsgeschäft weitere 76.000 Voll- und Teilzeitkräfte einzustellen. Amazon zahlt 3.000 Dollar Einstellungsprämie für Arbeitnehmer, die sich für einen Job in ihrem Lagerhaus bewerben. McDonald’s bietet ein Einstiegsgehalt von 35.000 Dollar pro Jahr sowie Schulungen, Zuschüsse und Weiterbildungsmöglichkeiten für die Zubereitung von Hamburgern und das Kassensystem (das bereits voll automatisiert ist).

Das mögen geeignete Ziele und Ansätze sein, aber sie funktionieren nicht. Die derzeitigen Arbeitnehmer sind überarbeitet und kündigen genauso schnell oder schneller, als neue Arbeitskräfte eingestellt werden können. Potenzielle Arbeitnehmer haben das Berufsleben aufgegeben und bleiben einfach zu Hause, teils wegen der frühen großzügigen Arbeitslosenunterstützung, teils aus Angst vor COVID-19.

Es stellt sich heraus, dass Ausgangssperren, Quarantänen und soziale Distanzierung langfristige Auswirkungen auf das Verhalten haben, die über das hinausgehen, was die Virus-Alarmisten vielleicht beabsichtigt hatten. Es gibt keine kurzfristige Lösung für dieses Problem.

Die längerfristige Lösung sind noch höhere Löhne – aber die daraus resultierende Inflation wird nicht lange auf sich warten lassen. Aber keine Sorge: Die Biden-Regierung weiß, wie man das verhindern kann. Wie? Indem sie mehr Geld ausgibt! Wir alle wissen, dass Inflation im Wesentlichen ein monetäres Phänomen ist. Aber zur Geldwirtschaft gehört mehr als nur die Geldmenge. Auch psychologische Faktoren, die den Geldumlauf (Umlaufgeschwindigkeit) fördern, spielen eine Rolle.

Ein weiteres Element sind Defizitausgaben, insbesondere wenn diese von der US-Notenbank monetarisiert werden. Ein Zustand, der als fiskalische Dominanz bekannt ist.

Die Inflation ist momentan definitiv auf dem Vormarsch. Ob es sich dabei um eine vorübergehende Entwicklung handelt oder um eine weitverbreitete und lang anhaltende, darüber lässt sich berechtigterweise debattieren, aber es steht außer Frage, dass die Inflation da ist. Daraus folgt, dass weitere Defizitausgaben der Regierung die Lage nur noch verschlimmern werden.

Ob die Defizitausgaben groß oder klein sind, ob sie kurzfristig sind oder in die Länge gezogen werden, beeinflusst das Ausmaß und die Geschwindigkeit der Auswirkungen, nicht aber die Richtung. Jede von der US-Notenbank monetarisierte Defizitausgabe wird die Inflation verschlimmern (es sei denn, das reale Wachstum und die Produktivität übertreffen den Anstieg der Defizitausgaben, was jedoch nicht der Fall ist).

Dennoch stellen sich die Verantwortlichen der Biden-Regierung in die Öffentlichkeit und erklären, dass das riesige 2-Billionen-Dollar-schwere Sozialhilfegesetz das Problem der Inflation lösen wird. Eine Behauptung lautet, dass die Preisobergrenzen für verschreibungspflichtige Medikamente die Kosten für Senioren senken sollen. Allerdings funktionieren Preiskontrollen nie. Die wahrscheinliche Auswirkung ist eine Einschränkung der Gesundheitsversorgung, weniger pharmazeutische Forschung und höhere Kosten in anderen Bereichen der medizinischen Versorgungskette.

Eine weitere Behauptung ist, dass Kinderbetreuungszuschüsse die Kosten senken werden. In Wirklichkeit werden die Kosten jedoch steigen, genau wie es bei den Studiengebühren war, als die Studienkredite in die Höhe schossen. Die staatlichen Subventionen werden von den Anbietern abgeschöpft. Eltern können von Glück sprechen, wenn sie ein ausgeglichenes Ergebnis erzielen, denn höhere Zuschüsse erhöhen die Kosten und werden von den Anbietern aufgeschlagen.

Das Gleiche gilt für die Wohnungsbauförderung, die nicht den Hauskäufern zugutekommt, sondern von den Bauherren und Bauunternehmern abgeschöpft wird, die einfach die Kosten erhöhen, um die Fördermittel abzukassieren.

Unabhängig von diesen mikroökonomischen Effekten von Subventionen führt ein höheres Ausgabendefizit in einem inflationären Umfeld zu einer höheren Inflation. Wir haben diese Dynamik bereits in den 1970er-Jahren mit Nixons Preiskontrollen erlebt. Wir könnten diese Dynamik bald wieder erleben.