Liebe Börsianerinnen, liebe Börsianer,

jüngst habe ich nochmals unsere Nachbarn in der Schweiz „heimgesucht“, bevor der Grenzübertritt aufgrund der vierten Welle möglicherweise wieder mit allerlei Schikanen belastet wird. Dabei habe ich meinen Kollegen Rolf Beerli getroffen, der sich vor allem in seinem Heimatland einen Namen als Immobilien-Unternehmer gemacht hat. Ich zapfe immer gerne seine lokale Expertise des Marktes an, zumal ich derzeit selbst in eine eidgenössische  Immobilien-Aktie investiert bin.

Ich war ziemlich perplex, als ich erfuhr, dass mein Kollege schon seit vielen Jahren nicht nur in Beton investiert, sondern auch umfassend am Aktienmarkt. Tatsächlich hat er wohl nicht ganz unwesentlich dort sein Vermögen gemacht. Dann haben wir uns natürlich als Börsianer fest „geschwätzt“. Nun, ich komme etwas vom Thema ab. Am Freitag berichte ich von der ziemlich innovativen Depotstrategie meines Schweizer Kollegen.

Zum eigentlichen Thema: In den vergangenen ein bis zwei Jahren haben die sog. Neobroker den Markt quasi aus dem Stand aufgeräumt. Ihr revolutionäres Preismodell und ein einfacher Orderprozess haben vor allem jüngere Börsianer in Scharen angezogen. So bedient Marktführer Trade Republic offenbar mittlerweile weit über 1 Million Privatanleger.

Trade Republic schiebt die Aktienorders seiner Kunden in aller Regel zum Börsenmakler Lang & Schwarz an der Börse Hamburg. Dabei bezahlt Lang & Schwarz pro vermittelter Transaktion eine Rückvergütung oder Provision an den Neobroker. Nun steht der hässliche Verdacht im Raum, dass die Neobroker ihre Kunden regelmäßig an den Börsenplatz schieben, der eben die höchste Rückvergütung pro Transaktion bezahlt. Das muss allerdings nicht unbedingt der Börsenplatz sein, an dem der Privatanleger den für sich besten Kurs beim Kauf oder Verkauf einer Aktie erzielt. Hier besteht also ein Interessenkonflikt zwischen dem Broker und seinem Kunden.

Im Prinzip untersagt die EU-Regulierung (Mifid II) jede Form der indirekten oder verdeckten Provisionszahlung. Der Kunde soll also seinen Dienstleister – egal ob Bank, Broker oder Vermögensverwalter – immer direkt bezahlen. Dabei sind die Kosten der Dienstleistung transparent auszuweisen, und zwar bereits vor Abschluss der Transaktion. Nähere Informationen dazu finden Sie hier auf der Webseite der Finanzaufsicht BaFin.

Im Extremfall droht den Neobrokern nun ein Verbot ihres Provisionsmodells. Dann müssten sich hierzulande schätzungsweise rund 2 Millionen Privatanleger einen neuen Broker suchen.

Dieses Extremszenario sehe ich als Praktiker so allerdings erst einmal nicht. Am Ende wird die Aufsicht die Neobroker allerdings zwingen, mittels entsprechend platzierter Hinweistexte transparent und klar über das eigene Geschäftsmodell aufzuklären. Sinnvoll für den Anleger wäre zudem, wenn die Neobroker zumindest eine kleine Auswahl verschiedener Handelsplätze anbieten, damit der Anleger einen besseren Überblick über die diversen Kursstellungen für eine Aktie gewinnt.

Sie sind Kunde etwa der Neobroker Trade Republic, justTRADE oder Scalable? Dann bleiben Sie hier in Börse am Mittag am Ball! Ich werde Sie umgehend über neue Entwicklungen informieren, damit Sie als Anleger rechtzeitig disponieren können.