Liebe Börsianerinnen, liebe Börsianer,

russische Aktien sind derzeit aus naheliegenden Gründen weich wie warme Butter. Rund 15 % verlor der entsprechende Leitindex zuletzt. Schlägt man darauf noch den Währungsverlust des Rubels, haben Russland-Investoren rund ein Viertel ihres Depots in den vergangenen 3 Monaten verloren. Dabei besteht der russische Kurszettel nicht ganz unwesentlich aus Öl- und Gasaktien, die eigentlich weltweit gerade steil gehen. Die Ölhausse geht also an den Aktien von Gazprom und Co vorbei.

Auch der DAX startete sehr schwach in diese Woche. Keine Frage: Der Markt preist das Risiko eines blutigen Waffengangs in der Ukraine ein.

Trotzdem: Ein ausgewachsener Krieg ist eher unwahrscheinlich. Eine russische Invasion würde unweigerlich in einen Kalten Krieg 2.0 münden. Und Wladimir Putin kennt den Ausgang des ersten Kalten Krieges aus eigener Erfahrung sehr genau. Das Problem des Kremls: Militärisch ist man zwar eine Riese, wirtschaftlich allerdings eher ein Zwerg, der gemessen am Bruttoinlandsprodukt in einer Liga mit Ländern wie Südkorea und Spanien spielt. Hier fehlt jede Substanz, um sich nochmals einen wirtschaftlichen Abnutzungskrieg mit Europa und der NATO zu liefern.

Zudem wirkt das gegenwärtige Vorgehen des Kremls besonders für die NATO wie eine Frischzellenkur. Das Bündnis wirkt plötzlich wieder zeitgemäß und sogar die dauerneutralen Schweden und Finnen denken aktuell laut über einen Beitritt nach. Diese Stärkung des westlichen Bündnisses kann Putin kaum bezwecken.

Selbstverständlich besteht ein Restrisiko, dass der Kreml einer rationalen machtpolitischen Argumentation am Ende nicht zugänglich ist. Niemand weiß so genau, was in den inneren Zirkeln der Macht in Moskau derzeit gesprochen wird. Vielleicht bringt da der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz, der heute in Moskau weilt, neue Erkenntnisse mit.

Als Börsianer müssen wir uns weiterhin in Geduld üben. Der breite Aktienmarkt wird auch in den kommenden Tagen weiterhin schwanken, denn der Ukrainekonflikt ist ein Kaugummi, den wir noch länger kauen werden. Auch die aktuelle Zins- und Inflationsdiskussion hatte gewisse Kaugummi-Eigenschaften.

Wenn wir schon beim Thema sind: Die Ansammlung russischer Truppen haben westliche Geheimdienste aus dem All erkannt. Dabei hat man sich mutmaßlich auf die Geodaten eines kleinen US-Unternehmens gestützt, das im All einige Satelliten unterhält. Mittels künstlich intelligenter Software werden die Satellitenbilder anschließend für die militärische Aufklärung aufbereitet.

Mein Kollege Richard Straube hat mir den Namen dieses Unternehmens bereits verraten. Hier können Sie ihn ebenfalls in Erfahrung bringen.