Liebe Börsianerinnen, liebe Börsianer,

wenn Sie Hyperinflation hören, haben Sie vielleicht zwei Bilder vor Augen. Das eine ist ein rücksichtsloses Dritte-Welt-Land wie Simbabwe oder Argentinien, das Geld druckt, um Staatsausgaben und Arbeitnehmergehälter zu decken, bis zu dem Punkt, an dem Billionen der lokalen Währung benötigt werden, um einen Laib Brot zu kaufen.

Das zweite Bild zeigt das gleiche Phänomen in einem fortgeschrittenen Land wie Deutschland, allerdings vor langer Zeit. Vielleicht denken Sie an körnige Schwarzweißfotos aus den 1920er-Jahren, auf denen Menschen zu sehen sind, die Schubkarren mit Papiergeld herumschleppen.

Das Letzte, woran Sie wahrscheinlich denken, ist eine Hyperinflation in einer entwickelten Wirtschaft des 21. Jahrhunderts wie der der Vereinigten Staaten. Wir reden uns ein, dass eine Hyperinflation vielleicht in fernen oder längst vergangenen Ländern vorkommt, aber nicht hierzulande. Und doch kann es dazu kommen.

Tatsächlich haben die Vereinigten Staaten in den späten 1970er-Jahren mit einer Hyperinflation geliebäugelt, als die Staatsanleihen auf Schweizer Franken lauteten, weil der US-Dollar rapide abwertete und die Menschen das Vertrauen in den US-Dollar verloren. Auch in den späten 1910er-Jahren, führte das Gelddrucken zur Finanzierung des Ersten Weltkriegs beinahe zu einer Hyperinflation. Ähnliche Episoden gab es nach dem Bürgerkrieg und der amerikanischen Revolution.

Der Punkt ist, dass eine Hyperinflation in den Vereinigten Staaten nicht unrealistisch ist.

Es gibt keine allgemein anerkannte Definition von Hyperinflation. Ein weitverbreiteter Maßstab besagt jedoch, dass eine Hyperinflation vorliegt, wenn die Preise innerhalb eines einzigen Monats um 50 % oder mehr steigen. Wenn also Benzin im Januar 3 USD pro Gallone kostet, im Februar 4,50 USD pro Gallone und im März 6,75 USD pro Gallone sowie die Preise für Lebensmittel und andere lebenswichtigen Güter im gleichen Tempo steigen, würde dies als Hyperinflation gelten.

Sie neigt auch dazu, sich zu beschleunigen, wenn sie erst einmal begonnen hat – d. h. aus dem monatlichen Anstieg von 50 % werden bald 100 %, dann 1.000 % usw., bis der reale Wert der Währung völlig zerstört ist. Ab diesem Punkt funktioniert die Währung nicht mehr als Währung, sondern wird zu Abfall, der sich nur noch für Tapeten oder zum Anzünden von Feuern eignet.

Eine Hyperinflation tritt nicht sofort auf. Sie beginnt langsam mit einer normalen Inflation und beschleunigt sich dann mit zunehmender Geschwindigkeit, bis sie zur Hyperinflation wird. Dies ist für Anleger von entscheidender Bedeutung, da ein Großteil des Schadens an ihrem Vermögen in der Inflationsphase und nicht in der Hyperinflationsphase entsteht. Die Hyperinflation der Weimarer Republik ist ein gutes Beispiel dafür.

Im Januar 1919 betrug der Wechselkurs der deutschen Reichsmark zum US-Dollar 8,2:1. Im Januar 1922, drei Jahre später, lag der Wechselkurs bei 207,82:1. Die Reichsmark hatte in drei Jahren 96 % ihres Wertes verloren. Nach der Standarddefinition handelt es sich dabei nicht um eine Hyperinflation, da sie sich über 36 Monate erstreckte und nie 50 % in einem einzigen Monat betrug.

Ende 1922 hatte die Hyperinflation Deutschland erreicht und der Kurs der Reichsmark stieg von 3.180:1 im Oktober auf 7.183:1 im November. In diesem Fall verlor die Reichsmark in einem einzigen Monat die Hälfte ihres Wertes und erfüllte damit die Definition der Hyperinflation.

Ein Jahr später, im November 1923, lag der Wechselkurs bei 4,2 Billionen Reichsmark für einen US-Dollar. Die Geschichte konzentriert sich meist auf das Jahr 1923, als die Währung um den Prozentwert von 58 Milliarden abgewertet wurde. Doch bei der extremen Hyperinflation von 1923 ging es nur darum, die verbleibenden 4 % des Volksvermögens in immer schnellerem Tempo zu vernichten. Der wirkliche Schaden wurde zwischen 1919 und 1922 angerichtet, also vor der Hyperinflation, als die ersten 96 % verloren gingen.

Wenn Sie also glauben, dass so etwas hier und jetzt nicht passieren könnte, dann denken Sie noch einmal nach. Wie ich bereits oben erwähnt habe, begann etwas Ähnliches in den USA in den späten 1970er-Jahren. Der US-Dollar erlitt in den fünf Jahren von 1977 bis 1981 eine Inflation von 50 %. Wir bewegten uns auf eine Hyperinflation zu, die derjenigen in Deutschland im Jahr 1920 relativ nahekam.

Der Großteil des Vermögens in Form von Ersparnissen und festverzinslichen Anlagen war bereits verloren gegangen. Die Hyperinflation in Amerika wurde durch das gemeinsame Handeln von Paul Volcker und Ronald Reagan verhindert, aber es war eine knappe Kiste.

Hyperinflation wirkt wie ein tödlicher Virus, für den es kein Heilmittel gibt. Sie kann für lange Zeit eingedämmt werden, aber wenn sie erst einmal ausgebrochen ist, lässt sie sich nicht mehr ohne enorme Verluste aufhalten.

Um zu erklären, warum das so ist, muss man wissen, wie eine Hyperinflation entsteht und wie sie sich selbst ernährt. In einem komplexen System wie der US-Wirtschaft können kleine anfängliche Fehler katastrophale Folgen haben, sobald Rückkopplungsschleifen und Verhaltensänderungen in Gang kommen.

Wenn die Inflationsgeschwindigkeit in die Höhe schnellt, wachsen die Erwartungen an eine weitere Inflation. Der Prozess beschleunigt sich und nährt sich selbst. Im Extremfall geben die Verbraucher ihr komplettes Gehalt sofort für lebensnotwendige Güter wie Nahrungsmittel, Energie und Benzin aus. Die Verbraucher wissen, wenn sie ihr Geld auf der Bank lassen, wird ihr hart verdientes Geld ohnehin vernichtet. Die Amerikaner sind sich dessen bewusst.

Der wichtige Punkt ist, dass Hyperinflation nicht nur ein monetäres Phänomen ist – es ist in erster Linie ein psychologisches oder Verhaltensphänomen. Es ist Teil dessen, was ich die Geldillusion nenne.

Die Geldillusion hat vier Stufen. In der ersten Phase wird der Grundstein für die Inflation von den Zentralbanken gelegt, ist aber für die meisten Anleger noch nicht erkennbar. Dies ist die Wohlfühlphase, in der die Menschen ihre nominalen Gewinne zählen, aber die Illusion nicht durchschauen.

In der zweiten Phase wird die Inflation deutlicher. Die Anleger schätzen immer noch ihre nominalen Gewinne und gehen davon aus, dass die Inflation nur vorübergehend ist und die Zentralbanken sie unter Kontrolle haben.

Die dritte Stufe ist erreicht, wenn die Inflation zu entweichen beginnt und die Zentralbanken die Kontrolle verlieren. Jetzt lässt die Illusion nach. Ersparnisse und andere festverzinsliche Geldströme wie Versicherungen und Renten verlieren schnell an Wert. Wenn Sie vor der dritten Stufe Sachwerte besitzen, bleiben Sie verschont. Wenn nicht, ist es zu spät, denn die Preise für Sachwerte werden in die Höhe schnellen, bevor die Geldillusion nachlässt.

Die vierte Stufe schließlich kann auf zwei Wegen eintreten. Der erste Weg ist die Hyperinflation, wie in Weimar oder Simbabwe. In diesem Fall werden das gesamte Papiergeld und die Geldströme vernichtet. Eine neue Währung entsteht aus der Asche der alten. Die Alternative ist eine Schocktherapie, wie sie Paul Volcker 1980 eingeführt hat.

In diesem Fall werden die Zinssätze auf bis zu 20 % angehoben, um die Inflation zu bekämpfen, aber die Wirtschaft geht dabei fast zugrunde. Leider sind heute keine Volckers oder Reagans am Horizont zu sehen. Es gibt nur schwache politische Führer und fehlgeleitete Zentralbanker.

Die heutigen Märkte hängen von den künstlich niedrigen Zinssätzen ab, die die US-Notenbank Fed seit 2009 erzeugt. Eine sinnvolle Anhebung der Zinssätze würde die Vermögensblasen bei Aktien, Immobilien und Co. auf verheerende Weise zum Platzen bringen.

Erinnern Sie sich daran, wie sich die Märkte im Dezember 2018 gegen die Möglichkeit weiterer Zinserhöhungen auflehnten, als die Zinsen noch unter 3 % lagen? Heute liegen die Zinsen bei 1 % oder weniger, und der Markt bricht bereits ein.

Die Inflation wird sich wahrscheinlich beschleunigen, wie es 1980 in den USA und 1920 in Deutschland der Fall war. Ob es dann zu einer Hyperinflation kommt, bleibt abzuwarten. Und nur um das klarzustellen: Ich sage sie nicht voraus. Aber Sie müssen sich darüber im Klaren sein, dass es leichter passieren kann, als die meisten Menschen erwarten.

Die Vermögenswerte, die Sie jetzt brauchen, um Ihr Vermögen in der Zukunft zu erhalten, sind einfach und zeitlos. Gold, Silber, Land und ausgewählte Sachwerte in der richtigen Menge werden Ihnen gute Dienste leisten. Investmentfonds, die speziell für den Schutz vor Inflation konzipiert sind, sollten ebenfalls in Betracht gezogen werden.

Je früher Sie defensive Maßnahmen ergreifen, desto besser sind Sie dran.