Liebe Börsianerinnen, liebe Börsianer,

ich habe vorausgesagt, dass der Kampf der US-Notenbank Fed gegen die Inflation zu einer Rezession und einem Börsencrash führen wird. Diese Aussage wurde vor dem Beginn der Zinserhöhung im März getroffen und bisher hat sich alles genauso entwickelt, wie erwartet. Aber um ehrlich zu sein, war die Vorhersage gar nicht so schwer. Sie beruhte auf der detaillierten Marktgeschichte, wenn die Fed in einen geldpolitischen Straffungszyklus eintritt.

Die Fed erhöhte die Zinssätze am 16. März um 25 Basispunkte und am 4. Mai um weitere 50 Basispunkte. Außerdem wird vom Markt ein weiterer Zinsschritt um 50 Basispunkte am 15. Juni erwartet. Ich stimme dieser Markteinschätzung zu. Das bedeutet, dass die Zinsen in nur 91 Tagen von 0 auf 1,25 % steigen werden und weitere Zinserhöhungen bevorstehen.

Wie haben sich die Märkte seit der ersten Zinserhöhung am 16. März entwickelt? Der Dow hat acht Wochen in Folge mit einem Minus abgeschlossen. Der S&P 500 ist am vergangenen Freitag kurzzeitig in den Bereich eines Bärenmarktes eingetaucht (ein Rückgang von 20 % oder mehr gegenüber den jüngsten Höchstständen). Und der NASDAQ Composite befindet sich in einem offiziellen Bärenmarkt.

Das Problem für die Anleger ist, dass dieser Absturz gerade erst begonnen hat. Alle wichtigen Indizes und die in diesen Indizes enthaltenen Einzelaktien könnten noch viel tiefer fallen, da die US-Notenbank die Zinsen weiter anheben wird.

Aber die Straffung der Geldpolitik umfasst mehr als nur Zinserhöhungen, und das bedeutet noch größere Probleme. Die Fed kündigte am 4. Mai an, dass sie eine Politik der quantitativen Straffung einleiten wird, was bedeutet, dass die Geldmenge reduziert wird. Glauben Sie also nicht die Geschichten über das Gelddrucken der US-Notenbank. Die Fed druckt kein Geld mehr, sie verbrennt es.

Der Rückgang der Geldmenge beträgt etwa 80 Milliarden US-Dollar pro Monat oder 1 Billion US-Dollar pro Jahr. Es ist schwer, so etwas genau zu beziffern, aber jede Verringerung der Fed-Bilanz um 500 Milliarden US-Dollar entspricht schätzungsweise einem Anstieg der Zinssätze um 1 %. Die Auswirkungen der Bilanzreduzierung auf die Wirtschaft sind also gleichzusetzen mit einer zusätzlichen Zinserhöhung von 2 %, die zu den regulären Zinserhöhungen hinzukommt.

Seit den Tagen von Paul Volcker wurde die Geldpolitik nicht mehr so schnell so stark gestrafft. Die Fed macht trotz der schwachen Aktienmarktentwicklung keinen Rückzieher – im Gegenteil. In einem Interview am 17. Mai sagte der Fed-Vorsitzende Powell: „Wir werden so lange weitermachen, bis wir das Gefühl haben, sagen zu können, dass die finanziellen Bedingungen angemessen sind und wir einen Rückgang der Inflation sehen. Wir werden bis zu diesem Punkt gehen. Da wird es kein Zögern geben.“

Das Problem mit Powells Manifest ist folgendes: Wenn man eine Inflation von 8 % bekämpfen will, dann müssen die Zinssätze auf 10 % angehoben werden, um einen realen Zinssatz von 2 % zu erhalten, der nahezu neutral ist. Das wird nicht passieren. Die Aktienmärkte werden abstürzen, lange bevor Powell die Aufgabe selbst nach seiner eigenen Definition bewältigen kann.

Die Bemühungen der Fed kommen zu spät. Aber was ist mit Gold? Warum hatte das Edelmetall angesichts der steigenden Inflation in letzter Zeit so einen schweren Stand?