Liebe Börsianerinnen, liebe Börsianer,

der Aktienmarkt steht momentan stark unter Druck und die großen Indizes verlieren weiter an Wert. Allein in diesem Jahr hat der Aktienmarkt mehrere Billionen US-Dollar an Wert verloren. Der S&P-500-Index befindet sich nun offiziell in einem Bärenmarkt, nachdem der Index mehr als 20 % gegenüber den jüngsten Höchstständen korrigiert hat. Er könnte sogar noch weiter fallen. Seit dem Zweiten Weltkrieg gab es 14 Bärenmärkte. Der durchschnittliche Kursverlust während dieser Bärenmärkte lag bei 30 % und sie dauerten etwa ein Jahr.

Die Art von Kursrückgang, die wir seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen haben

Da die US-Notenbank nach den jüngsten Inflationsdaten die Zinsen im laufenden Jahr weiter anheben wird, könnten wir schon bald Zeuge eines noch stärkeren Einbruchs am Markt werden – eines Einbruchs, wie wir ihn seit Jahrzehnten nicht mehr erlebt haben. Das ist keine Panikmache oder Übertreibung. Es ist lediglich eine nüchterne Einschätzung der Lage.

Die US-Notenbank Fed ist zutiefst besorgt über die Inflation und wird die Zinssätze weiterhin aggressiv anheben, um die Inflation zu dämpfen. Die meisten Analysten rechneten mit einer Zinserhöhung um 50 Basispunkte im Juni, jedoch war die Wahrscheinlichkeit einer Anhebung um 75 Basispunkte nach dem jüngsten Inflationsbericht deutlich gestiegen. Einige Analysten gingen sogar von einer Zinserhöhung um 100 Basispunkte aus.

Unabhängig davon wird die Fed die Geldpolitik in absehbarer Zeit weiterhin aggressiv straffen. Doch weder die Wirtschaft noch der Aktienmarkt können die Art von geldpolitischer Straffung verkraften, die erforderlich ist, um die Inflation wirklich in den Griff zu bekommen.

Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs hat die Fed vielleicht ein Dutzend Straffungszyklen eingeleitet, in denen sie die Zinssätze erhöht hat. Mit einer Ausnahme endete jeder dieser Anhebungszyklen in einer Rezession. Das ist eine nahezu perfekte Bilanz. Es gibt also absolut keinen Grund zu erwarten, dass es diesmal anders sein wird, insbesondere angesichts der enormen Exzesse im Finanzsystem.

Das wirft die Frage auf: Ist die US-Notenbank pleite?

Wie kann die Fed pleite sein?

Wenn man dieses Thema anspricht, dass die US-Notenbank pleitegehen könnte, reagieren die meisten Menschen mit den Worten: „Das ist unmöglich! Die Fed kann nicht pleitegehen. Sie kann einfach mehr Geld drucken.“ Das ist eine typische Reaktion, aber sie zeigt ein falsches Verständnis von Geld und wie die Fed tatsächlich arbeitet. Ja, die Fed kann so viel Geld drucken, wie sie will. Aber Geld ist für die Fed kein Vermögenswert, sondern eine Verbindlichkeit.

Wenn Sie einmal einen 20-Dollar-Schein in der Hand halten, dann lesen Sie, was darauf steht. Irgendwo sollte der Schriftzug „Federal Reserve Note“ zu lesen sein. Eine „Note“ ist eine Form von Schuld – mit anderen Worten, sie ist eine Verbindlichkeit. Das wird deutlich, wenn man sich die Bilanz der Fed ansieht (sie ist auf der Website der Fed öffentlich zugänglich).

Die Aktiva bestehen großenteils aus Wertpapieren – hauptsächlich US-Staatsanleihen sowie hypothekarisch gesicherte Wertpapiere. Die Passiva bestehen aus Bargeld, Münzen und Reserven, die von den Mitgliedsbanken bei der Fed hinterlegt werden. Der Nettowert oder das Kapital der Fed ist einfach der Saldo aus den Vermögenswerten abzüglich der Verbindlichkeiten.

Dieses Eigenkapitalkonto ist ein kleiner Teil des Gesamtvermögens im Verhältnis zu den gesamten Aktiva. Anders ausgedrückt: Die Fed gleicht einem stark fremdfinanzierten Hedgefonds. Durch das Drucken von Geld können zwar mehr Wertpapiere gekauft werden, aber das führt dazu, dass die Bilanz noch stärker gehebelt wird, indem mehr Aktiva (Wertpapiere) und Passiva (Geld und Reserven) auf denselben Kapitalanteil aufgestapelt werden.

Was ist, wenn die Aktiva geringer sind als die Passiva, sodass die Fed einen negativen Nettowert ausweist?

Weniger als null

Ein negativer Nettowert ist eine Definition von Insolvenz. Normalerweise passiert so etwas nicht. Die US-Notenbank könnte einfach abwarten, bis die Vermögenswerte zum Nennwert fällig werden und sich das Geld vom Emittenten auszahlen lassen. Das Geld würde somit aus dem Umlauf genommen.

Die Fed könnte ihre Schulden allmählich abbauen, indem sie einfach nichts tut. Aber was wäre, wenn die Fed-Bilanz wie ein echter Hedgefonds zum Marktwert bewertet würde? Oder was wäre, wenn die Fed Wertpapiere mit Verlust verkaufen müsste, anstatt zu warten, bis sie zum Nennwert fällig werden?

Die Bilanzierungsmethode der Fed sieht keine Marktbewertung vor, aber jeder Analyst kann die Zahlen trotzdem durchrechnen, indem er die Fälligkeiten der Vermögenswerte betrachtet und die aktuellen Marktpreise für diese Vermögenswerte verwendet. Wenn man dies tut, stellt man fest, dass die höheren Zinssätze dazu geführt haben, dass viele Wertpapiere im Portfolio der Fed weniger wert sind als ihr Buchwert.

Das ist das Einmaleins des Anleihenmarkts: Höhere Zinsen führen zu niedrigeren Preisen. Darüber hinaus will die Fed mit dem Abbau der Schulden nicht warten. Sie will ihre Bilanz schnell abbauen. Das bedeutet Verkäufe von Vermögenswerten, insbesondere von weniger liquiden hypothekarisch gesicherten Wertpapieren.

Hier entstehen echte operative Verluste, da ein tatsächlicher Verkauf unter dem Nennwert zu einem Verlust führt, der mit dem Kapital verrechnet werden muss. Also ja, die Fed ist wahrscheinlich zahlungsunfähig, wenn man die Marktwerte zugrunde legt (eine Methode, die sie nicht anwendet).

Ein Fed-Gouverneur gibt zu, dass die Fed insolvent ist

Würde man die Fed auf einer Mark-to-Market-Basis bewerten, wie man es bei einem Hedgefonds tut, wäre ihr Kapital aufgebraucht. Sie ist zahlungsunfähig. Ich hatte einmal ein Gespräch mit einem Mitglied des Federal Open Market Committee, das mir diese Annahme unter vier Augen bestätigte. Das Gespräch verlief folgendermaßen:

Ich sagte: „Ich glaube, die Fed ist insolvent.“

Der Gouverneur blockte zunächst ab und sagte: „Nein, das sind wir nicht.“

Nach etwas Nachdruck meinerseits lenkte der Gouverneur ein und meinte: „Nun, vielleicht.“

Ich erwiderte nichts und starrte ihn an, sodass er letztlich zugab: „Nun, wir sind es, aber das spielt keine Rolle.“

Mit anderen Worten, ein Gouverneur der US-Notenbank gab mir gegenüber privat zu, dass die US-Notenbank zahlungsunfähig ist. Im gleichen Atemzug sagte er jedoch, dass das keine Rolle spiele, weil Zentralbanken kein Kapital bräuchten. Nun, Zentralbanken brauchen Kapital.

Kurzfristig mag er recht haben, dass es nicht wirklich wichtig ist. Die meisten Menschen wissen nicht einmal, was die US-Notenbank ist, geschweige denn, dass sie die von mir hier beschriebenen Probleme mit der Bewertungsmethode kennen. Aber in der nächsten Finanzpanik könnte es eine Rolle spielen.

Vielleicht ist Gold doch die Grundlage des Geldsystems

Das Problem ist, dass jede Finanzkrise größer ist als die vorangegangene, weil das System selbst durch die massiven Interventionen der Zentralbanken größer geworden ist. Es ist eine Frage der Größenordnung. Wie kann die Fed große Banken retten, wenn die Fed selbst zahlungsunfähig ist? Das Problem ist vielleicht weniger eine rechtliche Frage als vielmehr eine Frage des Vertrauens.

Für den Fall der Fälle hat die Fed einen versteckten Vermögenswert, um all diese Verluste auszugleichen. Die Fed hat ein Goldzertifikat in ihren Büchern, das auf einer Goldmenge im Wert von 42,22 USD pro Unze basiert. Würde dieses Gold auf den aktuellen Marktpreis von 1.850 USD pro Unze aufgewertet, würden weitere 500 Milliarden USD aus dem Nichts auftauchen. Das könnte dem Fed-Kapital hinzugefügt werden.

Die Fed spricht nicht gern über Gold, aber vielleicht basiert das gesamte Geldsystem ja doch auf Gold. Eines Tages könnten wir es auf die harte Tour herausfinden.