Liebe Börsianerinnen, liebe Börsianer,

die russische Invasion in der Ukraine dauert nun schon fast zwei Wochen an. In der Zwischenzeit haben im benachbarten Belarus Gespräche zwischen russischen und ukrainischen Delegierten stattgefunden. Die Ukraine hat Berichten zufolge einen sofortigen Waffenstillstand gefordert. Eine offizielle Ankündigung gibt es noch nicht. Aber so oder so haben die USA und der Westen die Sanktionen gegen Russland verschärft.

Joe Biden hat gegen Ende der vorletzten Woche eine entscheidende rote Linie überschritten, nach der die Welt nicht mehr dieselbe sein wird. Biden und andere westliche Mächte haben beschlossen, bestimmte russische Banken aus dem SWIFT-System auszuschließen. Das ist so, als würde man jemandem, der auf der Intensivstation liegt, den Sauerstoff abschneiden. Was ist SWIFT?

SWIFT steht für die Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication. Im Gegensatz zu dem, was Sie vielleicht hören, ist SWIFT kein Finanzinstitut und kein Zahlungskanal. Es handelt sich um ein Nachrichtensystem. Die Nachrichten sind jedoch von größter Bedeutung. Auf diese Weise bestätigt eine Großbank einer anderen Großbank, dass eine Zahlung getätigt wird, indem sie den Absender, die Empfängerbank, den Betrag, die Währung, das Datum und andere Einzelheiten übermittelt. Sobald die Nachricht abgesendet wurde, wird die Empfängerbank zum rechtlichen Eigentümer des betreffenden Betrags.

Die eigentliche Zahlung kann über verschiedene Zahlungssysteme wie Fedwire laufen, aber das ist dann die technische Umsetzung. Die SWIFT-Nachricht legt erst einmal nur die rechtsverbindlichen Bedingungen für beide Seiten fest.

Die schlimmste Liquiditätskrise aller Zeiten?

Das einzige große Land, das in der jüngeren Vergangenheit aus SWIFT ausgeschlossen wurde, war der Iran im Jahr 2011 und das hatte verheerende Auswirkungen auf die dortige Wirtschaft.

Die russische Wirtschaft wird ohne Zugang zu SWIFT langsam ersticken. Doch Biden ging noch weiter. Er hat nicht nur die russischen Geschäftsbanken aus SWIFT ausgeschlossen, sondern auch die russische Zentralbank – außer für bestimmte Transaktionen, die von Fall zu Fall genehmigt werden müssen.

Bidens Team von Amateuren versteht Folgendes nicht: Jede Zahlung und jeder Handel hat zwei Seiten. Wenn man die eine Seite (Russland) in die Luft jagt, jagt man auch die andere Seite (das weltweite Bankensystem) in die Luft. Die Verflechtungen sind engmaschig und von enormer Tragweite.

So warnt beispielsweise der französische Finanzminister Bruno Le Maire, dass das Verbot die Europäer daran hindern würde, Schuldtilgungen in Höhe von fast 30 Milliarden US-Dollar einzufordern, die ihnen von verschiedenen russischen Unternehmen geschuldet werden.

Dies könnte sich innerhalb weniger Tage zu einer globalen Liquiditätskrise ausweiten. Es könnte die schlimmste Liquiditätskrise aller Zeiten werden. Ist es das, was US-Präsident Biden will? Er könnte eine weltweite Depression auslösen, bevor er es merkt.

Außerdem gilt es noch Folgendes zu bedenken: Wenn man sich die Mitgliedschaften der EU, der NATO und der SWIFT-Exekutivausschüsse ansieht, gibt es ein hohes Maß an Überschneidungen. Jetzt, da SWIFT die russischen Banken rausgeschmissen hat, bin ich mir nicht sicher, ob sich Russland um juristische Unterscheidungen scheren wird. Sie werden SWIFT als NATO sehen. Und dann ist da noch die China-Frage.

Wird China in Taiwan einmarschieren?

Die russische Invasion in der Ukraine hat natürlich zu Spekulationen über eine mögliche chinesische Invasion in Taiwan geführt. Beide Invasionen hätten gemeinsam, dass Joe Biden und die Vereinigten Staaten als schwach wahrgenommen würden.

Einen Krieg kann man nur durch Stärke, nicht durch Schwäche verhindern. Nach der Kapitulation der USA und dem chaotischen Abzug aus Afghanistan wurde der Welt klar, dass Biden schwach und sein Team inkompetent ist. Putin und Russland nutzten dies in der Ukraine aus. Wird Taiwan das nächste Land sein?

Meiner Meinung nach wahrscheinlich nicht. Bidens Schwäche mag etwas sein, das die beiden Situationen gemeinsam haben, aber es gibt entscheidende Unterschiede: Bei der Ukraine handelte es sich um eine Landinvasion durch Russland, das eine Grenze mit dem Zielland hat. Bei Taiwan wäre eine massive amphibische Invasion über die Meerenge von Taiwan nötig. China hat keine Erfahrung mit amphibischer Kriegsführung und solche Invasionen sind äußerst schwierig durchzuführen. Schauen Sie sich beispielsweise die Missionen D-Day, Inchon, Iwojima und Okinawa an, dann wird schnell klar, wie schwierig es ist, diese Vorhaben zu planen, durchzuführen und zu gewinnen.

Die USA haben keinen formellen Vertrag mit Taiwan, aber politische Entscheidungsträger erwarten, dass die 7. Flotte der USA eingreifen würde, um einen chinesischen Angriff zumindest zu verlangsamen. Außerdem verfügt Taiwan über ein weitaus leistungsfähigeres und besser ausgerüstetes Militär als die Ukraine. Dennoch ist eine Invasion nicht auszuschließen.

Es geht um die Halbleiterindustrie

Die wichtigsten wirtschaftlichen Auswirkungen wären bei den Halbleitern zu verzeichnen. Taiwan ist die weltweit größte Einzelquelle für Halbleiter, einschließlich der anspruchsvollsten Chips des 5-Nanometer-Designs. Taiwan arbeitet auch an der Produktion von 3-Nanometer-Chips. China würde sich diese Technologie und die dazugehörigen Produktionsanlagen gern unter den Nagel reißen, wird es aber nicht tun.

Im Falle einer Invasion würde Taiwan all diese Kapazitäten zerstören, bevor die Chinesen sie erreichen könnten – und wenn Taiwan es nicht täte, würden es die USA tun. Aus diesem Grund bauen die Unternehmen Taiwan Semiconductor und Intel milliardenschwere Produktionsanlagen in den Vereinigten Staaten. Der Bau dieser Fabriken wird mehrere Jahre dauern, aber wenn sie fertig sind, wird diese neue Halbleiterkapazität außerhalb der Reichweite der chinesischen Kommunisten liegen.

Doch auch ohne Krieg gibt es heute einen weltweiten Halbleitermangel. Gerüchte über einen Krieg in der Meerenge von Taiwan werden die Lage nur noch verschlimmern. Die gute Nachricht ist, dass eine bevorstehende chinesische Invasion in Taiwan unwahrscheinlich ist. Leider muss ich diesen Artikel aber mit einer unheilvollen Nachricht beenden.

„Gehen Sie nicht diesen Weg“

Der 3. Weltkrieg ist vielleicht viel näher, als Sie denken. Ich habe mich seit den 1960er-Jahren mit der Atomkriegsführung befasst, einschließlich wichtiger wissenschaftlicher Werke wie „On Thermonuclear War“ von Herman Kahn.

Es gibt eine Menge Erkenntnisse zu diesem Thema, aber alle Studien laufen auf dieselbe Warnung hinaus: Lassen Sie es bleiben. Das bedeutet, dass man weder einen Atomkrieg beginnen noch einen bestehenden Krieg mit Atomwaffen beenden sollte. Aber er kann trotzdem jederzeit passieren.

Der Prozess, der zum Atomkrieg führt, wird Eskalation genannt. Zwei Nuklearmächte beginnen mit einem Missstand irgendeiner Art. Dieser Missstand kann mithilfe von Stellvertreterkriegen ausgetragen werden, wie in Vietnam in den 1960er-Jahren und in Afghanistan in den 2000er-Jahren.

Eine Seite eskaliert den Konflikt, indem sie etwas Unerwartetes oder Extremes tut. Die andere Seite bleibt nicht untätig, sondern führt eine extreme Vergeltungsmaßnahme durch. Der erste Akteur erwidert dann die Vergeltung und so weiter. Jetzt haben wir eine Dynamik, bei der zwei Seiten die Eskalationsleiter hinaufsteigen.

Die Eskalationsdynamik hat begonnen

Auch hier ist es wichtig zu betonen, dass keine der beiden Seiten wirklich einen Atomkrieg will, aber wenn sie einmal angefangen haben, die Eskalationsleiter hinaufzuklettern, ist es schwer zu stoppen. Irgendwann treibt eine Seite die andere so weit, dass die einzige Antwort der Einsatz von Atomwaffen ist. An diesem Punkt ist es nicht mehr nur eine Eskalation, sondern man steht kurz vor dem Einsatz von Atomwaffen.

Erschwerend kommt hinzu, dass die andere Seite spürt, dass die Gegenpartei zu nuklearen Waffen greifen könnte und somit unter Druck steht, der Gegenpartei zuvorzukommen. Dies führt zu einem weiteren Theoriezweig, der sich mit Erstschlag-, Zweitschlag-, Gegenkraft- und Gegenwertstrategien etc. befasst.

Ich muss diese Theorien nicht weiter vertiefen, um darauf hinzuweisen, dass ein Atomkrieg nicht mit einem Atomangriff beginnt. Er beginnt mit kleinen Schritten, die außer Kontrolle geraten.

Um den Punkt der Eskalation zu verdeutlichen: Nur zwei Tage, nachdem die NATO ihre Eingreiftruppe aktiviert hatte, versetzte Putin die russischen Atomstreitkräfte in Alarmbereitschaft.

Wir haben die militärische Reaktion des Westens noch nicht gesehen, aber es wäre keine Überraschung, wenn die USA ihre Atomstreitkräfte ebenfalls in höchste Alarmbereitschaft versetzen würden. Die Eskalationsdynamik hat begonnen. Wir werden sehen, worauf sie hinausläuft.

Kluge Bürger sollten sich auf das Schlimmste vorbereiten. Lassen Sie uns beten, dass es nicht dazu kommt.