Liebe Börsianerinnen, liebe Börsianer,

nach welchen Gesichtspunkten kaufen Sie eigentlich ein neues (oder gebrauchtes) Auto? Urteilen Sie ausschließlich nach dem Preis? Dann kaufen Sie also – sagen wir – einen koreanischen Kleinwagen für 9.990 Euro. Der bringt Sie schließlich von A nach B und erfüllt seine Aufgabe. Viele unter Ihnen werden jetzt schon widersprechen. Denn mit dem Kleinwagen kann die nächste längere Reise durchaus zur Strapaze werden. Der Transport eines größeren Gegenstands wird auch nicht ganz einfach. Fazit: Der Kleinwagen ist im Alltag nicht für jeden der Beste, auch wenn er im großen Preisvergleich der billigste war.

Ausgerechnet wenn es um unser Geld bzw. um unser Depot geht, sind einige von uns weniger anspruchsvoll. Da setzt man gerne auf die sog. Neobroker, die aktuell mit sehr günstigen Transaktionskosten für sich werben. Marktführer Trade Republic berechnet Ihnen etwa pro Aktienkauf oder -verkauf lediglich eine Fremdgebühr von einem Euro. Ansonsten ist die Order gänzlich kostenfrei. Aber ist das wirklich ein Argument für diesen Broker? Sind wir mit den Billigst-Anbietern als Börsianer wirklich gut bedient?

Lassen Sie es mich so formulieren: Als Fahranfänger bin ich damals mit einem kleinen Fiat gestartet. Und als Börsenanfänger wäre ich ohne Frage auch mit Trade Republic, Scalable oder justTrade gut bedient gewesen. Mittlerweile bin ich allerdings ein erfahrener Autofahrer und ein professioneller Börsianer. Zu Deutsch: Den billigsten Kleinwagen fahre ich nun nicht mehr, und beim Broker setze ich auf eine ausgewachsene Depotlösung, die mir möglichst die ganze Klaviatur des Kapitalmarktes eröffnet. Natürlich, der Preis pro Order muss schon stimmen, aber der Preis ist für mich nur ein Entscheidungskriterium von mehreren.

Was sind die anderen Kriterien? Woran erkennen Sie einen guten Online-Broker, mit dem Sie als Börsianer vernünftig arbeiten können?

  1. Ein guter Broker bietet Ihnen immer möglichst viele Aktien zum Handel an. Derzeit begrenzen die Neobroker ihr Universum künstlich. So bietet Trade Republic nur 9.000 Aktien an. Das klingt zwar viel. Fakt ist allerdings, dass Sie hier rund 80 % der weltweit verfügbaren Aktien nicht handeln können. Das ist nicht professionell. Im Idealfall bietet ein guter Broker auch vollen Zugriff auf Fonds, Derivate und Anleihen. Man weiß nie, wie sich der Markt entwickelt und welches Angebot Sie in einigen Jahren benötigen werden.
  2. Die Börsenplätze: Hier gilt das nämliche. Je mehr desto besser. Ein vernünftiger Broker stellt Ihnen einen Zugang zu allen gängigen Börsenplätzen dieser Welt. Dazu gehören selbstverständlich die europäischen, New York und nächstens unbedingt auch Hongkong. Absehbar werden wir viele China-Aktien künftig nur noch effizient über den dortigen Heimatmarkt handeln können.
  3. Leider sparen selbst etablierte Broker gerne bei der Software bzw. ganz konkret bei der Performancemessung. Das ist ungefähr so, wie wenn Sie ein Auto ohne Tankanzeige oder Kilometerzähler fahren. Als Börsianer müssen Sie meines Erachtens die Performance Ihres Depots kennen. Sie müssen die Wertermittlung für unterschiedliche Zeiträume mittels der Software berechnen können. Das ist zwar mühsam: Trotzdem kann es Sinn machen, vor der Auswahl des Brokers, sich einmal dessen Demoversion anzuschauen.

Am Ende gilt: Es ist Ihr Geld. Sie müssen als Privatanleger nicht gleich zum Vollprofi werden. Ich kann allerdings aus eigener Anschauung berichten, gutes Werkzeug, sprich ein guter Online-Broker, wird Sie nur noch besser und erfolgreicher machen.