Lieber Börsianer, 

es ist ein eigentümlicher Befund. Im vergangenen Jahr ging der deutsche Aktienmarkt steil. Zu Deutsch: Das Geld saß locker, und die Investoren fassten zu. Trotzdem verschmähten viele Unternehmen dieses Geld und verzichteten auf einen Börsengang. Ganze drei Unternehmen haben im vergangenen Jahr den Gang aufs Parkett gewagt. 2020 das nämliche Bild. Bis jetzt zähle ich mit Teamviewer und dem Datenbankspezialisten Exasol zwei IPOs (Börsengang).   

Zum Vergleich: 1999 feierten 175 Unternehmen hierzulande ihr Börsendebüt, ein Jahr später zählten die Statistiker 142 IPOs. Natürlich wurde damals auch viel Schrott verkauft, wie dann die Folgejahre zeigten. Dennoch legten die Investoren damals den Grundstein für den digitalen Standort Deutschland.  

Diese Frage drängt sich auf: Warum geht bei uns jetzt nichts mehr? 

Meine Antwort fällt differenziert aus. Es ist richtig, dass viele Unternehmen derzeit keinen Börsengang planen, weil sie sich das Geld in Form von Fremdkapital anderweitig besorgen können. Ein Beispiel: Wenn die Bosch GmbH bedeutenden Kapitalbedarf hat, dann geht man einfach zur Bank oder zapft den Rentenmarkt an und holt sich dort Fremdkapital zu Nullzinsen.  

Holte sich Bosch das Geld als Eigenkapital an der Börse, müsste man eine Dividende von – sagen wir 2 oder 3 % – bezahlen. Der Zusammenhang ist klar: Das derzeitige Zinsumfeld begünstigt also nicht unbedingt den Börsengang, wenn es um die Finanzierung von unternehmerischer Tätigkeit geht. 

Das ist allerdings nur ein Teil der Wahrheit wie die Beispiele CureVac sowie EuroEyes International zeigen. So feierte der Impfstoff-Spezialist CureVac kürzlich sein Börsendebüt in New York. Und das war eine rauschende Party. Gleich am ersten Tag zog die neue Aktie 250 % in die Höhe. Die Erstzeichner – allesamt US-Investoren – schoben sich rund 700 Millionen USD in die Taschen. Und wir hier blickten in die Röhre.  

Und das sei an dieser Stelle, liebe Bundesregierung, schon einmal angesprochen! Das Biotech-Unternehmen aus Tübingen wurde aus dem Staatssäckel üppig alimentiert und subventioniert. Und dann bleibt am Ende ein Ergebnis: US-Investoren: 700 Millionen Gewinn und deutsche: 0 Millionen. Clevere Wirtschafts- und Standortpolitik sieht anders aus.    

Dem ein oder anderen unter Ihnen ist EuroEyes sicherlich als Patient ein Begriff. Hier wird die Sehkraft mittels des Lasers (LASIK- oder LASEK-Verfahren) wieder hergestellt, sodass der behandelte Patient seine Brille wieder ablegen kann. Als Investor hingegen dürfte Ihnen das Unternehmen eher unbekannt sein. Schließlich ging das Hamburger Unternehmen in Hong Kong an die Börse. Die Bilanz: 90 % Kurssprung am ersten Tag oder 66 Millionen Euro für chinesische Investoren 

Das ist derzeit hierzulande unsere Realität als Anleger. Wenn junge und innovative Unternehmen aus Deutschland flügge werden, dann wird andernorts geerntet. Immerhin tun wir damit etwas für die Völkerfreundschaft 

So, jetzt habe ich ausreichend gejammert und erkläre Ihnen, wie Sie trotzdem (nachgelagert) von Börsengängen im Ausland profitieren können. Praxisbeispiel Alibaba: Im September 2014 ging der chinesische Online-Händler Alibaba in New York an die Börse. Die Erstzeichner kauften zu 68 USD, zur Erstnotiz legte die Aktie auf rund 100 USD zu (+45 %). Europäische Investoren hatten in der Praxis keinen Zugriff auf die neuen Aktien. Die Gewinne holten sich nahezu ausnahmslos die einschlägigen Adressen der Wall Street.  

Nun beobachten Sie bei dem Börsengang eines Trendunternehmens fast immer das gleiche Kursmuster. Am ersten Handelstag schießt die Aktie sinnlos in die Höhe und markiert ein Rekordhoch, das in der Praxis oftmals nur wenige Stunden hält. Von diesem Hochkurs schlagen Sie nun im Geiste zwischen 40 und 50 % ab und gewinnen auf diese Weise einen ziemlich fairen Einstiegspreis und profitieren quasi nachgelagert doch noch vom Börsengang.  

Mit diesem Vorgehen habe ich in der Vergangenheit etwa bei Alibaba und auch Facebook recht schönes Geld verdient, obwohl ich beim Börsengang selbst nie teilnehmen konnte. Genau nach dieser Methodik arbeite ich auch in den Premium-Chancen.